)
Die Nikolo-Sprüche kennt er alle, die entsprechenden Lieder summt er jedes Mal heimlich mit. Seit er mit knapp drei Jahren am 6. Dezember bei seinem Nachbarn die Bischofsmütze aufsetzte, wollte Freizeit-Nikolo Alexander die Mitra nicht mehr ablegen. Und seit einigen Jahren verdient er sogar ein bisschen Geld, wenn er einmal im Jahr seine "Berufung" auslebt und bei seinen Kunden den schenkenden Bischof mimt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Eigentlich verfüge ich bereits über 20 Jahre Berufserfahrung", schmunzelt der 23-jährige WU-Student. Denn schon als kleiner Knirps besuchte Alexander am 6. Dezember im Nikolo-Kostüm seine Nachbarn. Der Gedanke, mit seinen Auftritten Geld zu verdienen, kam ihm allerdings erst nach der Matura.
Seither kann Alexander auf einen ansehnlichen Stammkundenstock zurückgreifen. Darüber hinaus versucht er auch Neukunden zu akquirieren - und hofft dabei auf viele Schnellentschlossene: "Es wäre schön, wenn sich heuer noch mehr Familien melden, denen ich mit einem Auftritt Freude bereiten kann."
Selbst von der eigenen Mutter zuerst nicht erkannt
Die Kostüme hat er bei seiner Tante in Güssing in Auftrag gegeben. "Ich komme in voller Montur, zusätzlich zum weißen Bart versuche ich möglichst 'alt' zu erscheinen, habe mir sogar ein eigenes 'Nikolaus-Humpeln' zurechtgelegt", beschreibt der Perfektionist - er wollte vor seinem Wirtschaftsstudium eigentlich Schauspieler werden - sein einstudiertes Gehabe als Bischof. Dass er seine Kunst beherrscht, bewies er bereits im Vorjahr, als er einen Auftritt in der Kindergartengruppe seiner Mutter absolvierte und von dieser erst bei der Verabschiedung erkannt wurde.
"Ich nehme meinen Job hundertprozentig ernst"
Ein typischer Auftritt dauert bei Alexander etwa 20 Minuten. "Wenn ich vormittags zu Kindergartengruppen komme, nimmt das natürlich mehr Zeit in Anspruch." Im Durchschnitt schaffe er so um die sieben Auftritte pro Tag: "Anfahrts- und Vorbereitungszeit muss man sich gut einteilen, sonst kommt man schon leicht ins Strudeln", weiß er aus Erfahrung.
Steht er aber dann vor der Wohnungstür der Kunden, fühlt Alexander nach eigenen Angaben nur noch die Vorfreude auf seinen Auftritt: "Das schönste Gefühl ist es, die Augen von kleinen Kindern leuchten zu sehen, die noch wirklich an den Nikolaus glauben." Dass die Authentizität gewahrt bleibt, dafür sorgt nicht zuletzt das so genannte Goldene Buch, in das die Eltern zuvor gute und schlechte Eigenschaften ihrer Kinder eingetragen haben, um dem Nikolo seine Allwissenheit zu ermöglichen. "Peinlich wird es nur, wenn Jugendliche unter den Kindern dabei sind", meint Alexander: "Einem 17-Jährigen seine schlechten Schulnoten vorzuhalten, ist nicht wirklich lustig".
Auch der Nikolo bekommt etwas: Schnuller zum Beispiel
Die Kleineren seien leichter zu begeistern. Da wird dem Heiligen Nikolaus neben den üblichen Liedern auch einmal ein Gedicht vorgetragen oder etwas Selbstgebasteltes geschenkt. "Einmal habe ich sogar einen Schnuller bekommen", erinnert sich der Hobby-Bischof.
Schwierig wird es nur, wenn von den Kindern skeptische Fragen kommen: etwa, wo er denn sein Rentier geparkt habe, oder warum er nicht durch den Kamin gekommen sei. "Da muss ich dann erst einmal erklären, dass ich der Heilige Nikolaus und nicht der Weihnachtsmann bin." Schlussendlich konnte er sich jedoch jedes Mal den einem echten Bischof zustehenden Respekt verschaffen: "Schließlich nehme ich meinen Job hundertprozentig ernst, solange ich die Mitra trage".
Und die legt Alexander nicht einmal zwischendurch ab, wenn er mit seinem Pkw von einem Kunden zum nächsten fährt. So wurde er einmal sogar von der Polizei mit quietschenden Reifen überholt und grinsend gegrüßt. Für alle Fälle hat er ein "Nikolo im Dienst"-Schild hinter der Windschutzscheibe. Allzu großes Vertrauen setzt er darin aber nicht. "Ich achte jedenfalls immer darauf, wo ich parke. Ein Strafzettel passt nicht wirklich zum Image als lieber, guter Nikolaus."
Videospiele und Schokolade statt Äpfeln und Nüssen
Die Geschenkkultur rund um den Nikolaustag habe sich seit seiner eigenen Kindheit grundlegend geändert, meint Alex. "Wir bekamen Nüsse, Mandarinen, ein bisschen Schokolade und vielleicht einen Geldschein ins Körbchen." An Geschenke, wie er sie heute bei seinen Auftritten im vorbereiteten Sack vorfindet, hätte er damals nicht einmal gedacht: "Neben Süßigkeiten bekommen die Kinder Gewand, Bücher, Videokassetten oder gar Computerspiele."