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Die Digitalisierung hilft beim Überstehen der Corona-Krise. Unternehmen wollen ihre Geschäftsmodelle dahingehend verbessern. Die staatlichen Förderungen sind dementsprechend heiß begehrt.
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Die Rechnung ist voll aufgegangen", sagt Jarko Ribarski, "wir haben unfassbar viele Kunden online gewonnen." Dem Inhaber der Boutique Marianne in Baden war von Beginn an klar, dass es nicht reicht, einfach ein Ladengeschäft zu eröffnen. "Meine Frau und ich wussten, dass wir auch etwas Digitales machen müssen, was auch 50plus gefällt", so Ribarski.
Er ist einer von vielen Selbständigen im Einzelhandel, die die Corona-Krise besonders hart getroffen hat. Und die mithilfe von Förderungen seitens des Staates in Sachen Digitalisierung krisenfester und zukunftssicherer werden sollen.
Viele verschiedene Fördertöpfe
So verlautbarte das Wirtschaftsministerium etwa im Mai des vergangenen Jahres, weitere acht Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um die Digitalisierung bei Klein- und Mittelbetrieben (KMU) zu fördern - zusätzlich zu den bereits diversen bestehenden Förderprogrammen von Bund und Ländern.
Hier ein Topf, da ein Topf - der Förderdschungel in Österreich ist dezentral organisiert und für viele schwer zu durchschauen - und die Budgets sind rasch aufgebraucht. Eine gemeinsame Stelle für alle einschlägigen Förderungen könne es nicht geben, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck bereits im Mai. Dazu seien zu viele Bereiche betroffen. Die Frage, wie viel Geld insgesamt für österreichische Unternehmen 2020 bereitgestellt und wie viel davon für Digitalisierungsprojekte ausbezahlt wurde, kann das Ministerium nicht beantworten.
Im September 2020 folgte jedenfalls die Erhöhung der Investitionsprämie (von 7 auf 14 Prozent) für Unternehmen, die unter anderem Investitionen im Zusammenhang mit Digitalisierung tätigen. Das Gesamtvolumen liegt derzeit bei drei Milliarden Euro. Es sind bereits über 80.000 Anträge eingegangen, mehr als 20 Prozent davon zu Digitalisierung, so die Information des Wirtschaftsministeriums.
Ebenfalls im September startete die KMU.E-Commerce-Förderung im Umfang von zwei Millionen Euro zur Förderung von Auf- und Ausbau von Online-Shops. Das Budget war aufgrund großer Nachfrage innerhalb weniger Tage erschöpft, so das Ministerium. Noch im ersten Quartal 2021 soll die Aktion mit zehn Millionen Euro nochmals aufgelegt werden.
Auch das seit 2017 bestehende Programm KMU.Digital wurde im September 2020 neu aufgelegt. Für heuer standen dafür insgesamt fünf Millionen Euro zur Verfügung. Das Budget war ebenfalls in kürzester Zeit ausgeschöpft. Für KMU.Digital sind in Summe bis 2023 weitere fünf Millionen Euro jährlich eingeplant. Besonderes Augenmerk werde vor allem darauf gelegt, die bisher noch nicht digital-affinen Unternehmen zum Einstieg in die Digitalisierung zu motivieren und ihnen die nächsten Schritte aufzuzeigen. Die Toolboxen für die KMU lassen sich unterteilen in die Optimierung von Geschäftsmodellen, in E-Commerce und Online-Marketing sowie in IT- und Cyber-Security, so die Wirtschaftskammer.
Die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) folgte im Oktober mit einem Programm zur schnelleren Umsetzung von Digitalisierungslösungen in Höhe von 4,3 Millionen Euro. Auch diese Ausschreibung richtete sich insbesondere an KMU. Die "Creative Impact Covid-19 Sonderaktion" mit Schwerpunkt auf neue Geschäftsmodelle in den Bereichen Digitalisierung und Social Impact liegt bei einem Volumen von drei Millionen Euro. Der zweite Call steht kurz vor der finalen Entscheidung.
Wer bekommt Förderungen und in welcher Höhe, und wer schaut durch die Finger? Der Dschungel führt mitunter zu Verstimmungen. Ein Webshop-Betreiber, der Förderungen erhielt und ein Projekt erfolgreich realisieren konnte, wollte mit seinen Erfahrungen nicht in der Zeitung erscheinen. Zu groß sei mittlerweile die Furcht vor Neidern, so seine Begründung.
"Geld für Vorfinanzierunghaben wir momentan nicht"
Jarko Ribarski hat sich bei den Förderungen zurechtgefunden - und erzählt gerne darüber. Er suchte im vergangenen Frühjahr bei "Digi4KMU" vom Land Niederösterreich um Förderung an, um seine Boutique digital besser aufzustellen.
Im ersten Schritt wurde mithilfe einer Beraterin der Wirtschaftskammer eine App entwickelt und ein virtueller Rundgang in der Boutique auf der Website ermöglicht. Neben dem klassischen Online-Shop will Ribarski das virtuelle Einkaufen als Erlebnis noch besser gestalten. Im 3D-Rundgang durch den Shop taucht jetzt schon eine Verkäuferin auf und berät, künftig soll auch die Kleidung angeklickt und sogar virtuell anprobiert werden können - wenn sich die Kunden vorher einscannen. Die weiteren Ausbaustufen des Digitalisierungsprojektes stehen aber noch aus. Denn seit dem "Lockdown light" im vergangenen November sind bis dato gut drei Monate so gut wie keine Kunden im Geschäft gewesen. "Das Geld für die Vorfinanzierung haben wir momentan einfach nicht", sagt Ribarski.
Digitalisierung spielt eine "sehr große Rolle" für KMU
Gesamtwirtschaftlich gesehen spielen laut einer Ernst&Young-Umfrage vom Juni 2020 bereits bei 77 Prozent der mittelständischen Betriebe digitale Technologien für das eigene Geschäftsmodell eine große bis sehr große Rolle, das sind 21 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren - und 9 Prozent mehr im Vergleich etwa zu deutschen Betrieben. Nur noch 3 Prozent (2018 waren es 20 Prozent) klammern die Digitalisierung aus ihrem Unternehmenskonzept aus und schreiben ihr keine Bedeutung zu.
Auch in einer Imas-Studie vom Oktober 2020 ist ersichtlich, dass sich das Image der Digitalisierung in der Corona-Krise in der Bevölkerung verändert hat. So sind drei von vier Österreicher zumindest einigermaßen stark der Meinung, dass die Corona-Krise gezeigt hat, dass Online-Angebote im Berufsleben und in der Schule wichtig sind. Zwei Drittel glauben, dass die Digitalisierung im "Überstehen" der Krise im Frühjahr geholfen hat.
Im Trend wurden im Vergleich noch zum Jahr 2018 die Aussagen: "Der digitale Wandel erleichtert unser Leben" und "Der digitale Wandel wird viele neue Jobs schaffen" deutlich stärker befürwortet. Es scheint, als ob die Krise die Veränderungswirkung der Digitalisierung bei Unternehmen wie in der Bevölkerung noch einmal verstärkt hätte.
Das Online-Angebot ersetzt den stationären Handel nicht
Für das Image und die Bekanntheit der Boutique Marianne habe das Digitalisierungsprojekt schon jetzt viel gebracht, sagt Jarko Ribarski. Viele Anschriften, Anrufe und Besuche aus aller Welt auf der Website konnte der Inhaber verzeichnen. "Durch Social Media Targeting, werden wir künftig dann auch die Kundschaft finden, die unsere Produkte kaufen wollen", so Ribarski zuversichtlich.
Auf die Frage, ob es sich konkret finanziell ausgezahlt habe sagt Ribarski: "Ein Online-Shop ist besser als gar keiner", und lacht - den stationären Handel können die Einnahmen aber nicht ersetzen. "Seit zwei Monaten ist unser Angebot online, da müsste man nach sechs Monaten mal ein Fazit ziehen", gibt der Selbständige zu bedenken.