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Es war ein Lehrstück österreichischer Amateurhaftigkeit. Die ÖIAG hatte seit 24. Februar Zeit, um mit dem mexikanischen Milliardär Carlos Slim einen Syndikatsvertrag auszuverhandeln. Laut Übernahmegesetz musste dieser nach 40 Börsetagen, also am 23. April, abgeschlossen sein, ansonsten hätte Slim ein Jahr lang keine weiteren Telekom-Aktien erwerben dürfen. Das wussten sowohl ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler als auch die 14 Aufsichtsräte der ÖIAG. Jetzt ist ein solcher Syndikatsvertrag sicher ein sehr kompliziertes Werk und braucht seine Zeit. In jedem Unternehmen wird der Termin einer Sitzung des Aufsichtsrats (AR) mit dem Terminkalender des AR-Präsidenten abgeklärt - kein Unternehmen setzt eine solche Sitzung fest, wenn der AR-Chef nicht verfügbar ist. So geschehen bei einer der wichtigsten Sitzungen des Kontrollgremiums der ÖIAG. Immerhin ging es um die Zukunft des größten österreichischen Telekommunikationsunternehmens. Im treuen Glauben daran, dass die Belegschaftsvertreter anwesend sein würden - was angeblich ausgemacht war - und somit das Quorum sichergestellt sei, begab sich AR-Präsident Peter Mitterbauer auf eine Reise. Dann fehlten auch noch zwei Kapitalvertreter und schon war das Gremium beschlussunfähig. Die Arbeitnehmervertreter wollten genau das erreichen - mit Rückendeckung der Arbeiterkammer. Aber bitte wie kann es sein, dass der Präsident erst eingeflogen werden muss, um den Willen des Eigentümers doch noch durchzusetzen? Oder war der Eigentümer gar nicht so sicher, dass der Vertrag wirklich zustande kommen soll?