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Der Euro am Krückstock: Im Mai 2010 wurde Josef Prölls Gipsfuß in Brüssel zum meistfotografierten Symbol für die Krise der Gemeinschaftswährung. Abgesehen von diesem unfreiwilligen Beitrag hat der Finanzminister auf europäischem Parkett vor allem eins hinterlassen: Sein anfangs belächeltes Lobbying - quasi ein Spenden-Sammeln von Finanzhilfen - für Osteuropa im Februar 2009 bereitete den Boden für EU-Mittel in Höhe dutzender Milliarden Euro. Und auch das Übereinkommen der westlichen Großbanken, sich nicht aus Osteuropa zurückzuziehen ("Vienna Initiative"), trägt unter anderem seine Handschrift.
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Bei der Euro-Rettung konnte sich Pröll hingegen in der Phalanx der stabilitätsorientierten Länder und der deutschen Position verstecken. Seinem Nachfolger bleibt nun die unangenehme Aufgabe überlassen, der Bevölkerung mögliche Hiobsbotschaften aus Brüssel verkaufen zu müssen. Die Sanierung Griechenlands dürfte nicht ohne turbulente Umschuldung funktionieren. Ebenso könnten weitere Geldzahlungen drohen oder Haftungen schlagend werden: Debatten, die mit etwas Glück erst nach der nächsten Nationalratswahl fällig werden.
Besseres Wachstum hilft
Eine Mammut-Aufgabe, die weit über eine Legislaturperiode hinausreicht, wird die Sanierung des Staatshaushaltes sein. Zwar ist der Rucksack durch die neue EU-Methode zur Schuldenberechnung jüngst wieder etwas schwerer geworden. Der größte Druck wird dem neuen Finanzminister aber durch die bessere Konjunktur von den Schultern genommen. Von historischen Würfen wie Verwaltungs- oder Steuerstrukturreform ist längst keine Rede mehr.
Für die Budgetentwicklung wird entscheidend sein, ob es der künftige Finanzminister schafft, die Länderchefs zu mehr Kostenwahrheit zu verpflichten. Am Versuch, das Prinzip "Wer zahlt, schafft an" zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu verankern, ist nicht nur Pröll gescheitert. Der nächste Anlauf kann in den Verhandlungen über den Finanzausgleich nach 2014 erfolgen.
Härte wird der neue ÖVP-Kassenwart auch gegenüber neuen Steuerideen der SPÖ zeigen müssen: Immerhin beendeten Kanzler Werner Faymann und die SPÖ ihren Negativlauf, indem sie das Thema soziale Gerechtigkeit mit der Bankensteuer verknüpften. Neue Begehrlichkeiten, etwa eine Vermögenssteuer, wurden seither nie ad acta gelegt.
Wenig zu retten gibt es beim Bankgeheimnis, das scheibchenweise ausgehöhlt wurde. Prölls Nachfolger muss nun Forderungen anderer Länder nach einem automatisierten Datenaustausch abwehren. Bei den Banken sind noch die Rückführung der staatlichen Hilfen und die Privatisierung der notverstaatlichten Krisenbanken Hypo Alpe Adria und Kommunalkredit offen. Und vielleicht gelingt es dem neuem Finanzminister, die Staatsholding ÖIAG unter ihrem neuen Chef Markus Beyrer aus der Perspektivenlosigkeit zu befreien.