Forderung nach Stellungnahmerecht des Bundesrates. | Stärkere Verknüpfung der föderalen Institutionen. | "Wiener Zeitung": Frau Bundesratspräsidentin, Sie sind zu Jahresbeginn mit dem Ziel angetreten, das Image der Länderkammer zu verbessern. Wie schlecht steht es denn um deren Ansehen?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Sissy Roth-Halvax: Ich fürchte fast, die Menschen betrachten den Bundesrat als relativ machtloses Instrument. Die negativen Ereignisse, mit denen der Bundesrat in den vergangenen Monaten Schlagzeilen gemacht hatte (Causa Kampl und Gudenus; Anm.) tragen meiner Ansicht nach jedoch auch die Chance für eine Verbesserung in sich. Für mich ist der Bundesrat in einer ähnlichen Situation wie die EU-Institutionen: Auch diese sind wichtig und trotzdem weithin unbekannt.
Der Bundesrat entscheidet praktisch nie nach Länder-, sondern fast ausschließlich nach Parteigrenzen. Warum ignoriert er ganz offensichtlich seine verfassungsrechtliche Aufgabenstellung, nämlich Interessensvertretung der Länder zu sein?
Weil der Bundesrat stets auch als Teil von Koalitionsvereinbarungen gesehen wird, in denen festgehalten ist, dass sich die Regierungsparteien nicht gegenseitig im Bundesrat überstimmen.
Wann kommt die seit Jahren geforderte Reform und wie wird diese ausschauen? Die Idee Ihres Amtsvorgängers Peter Mitterer, den Bundesrat mit Landtagsabgeordneten zu beschicken, scheint gestorben zu sein.
Vor der Wahl wird der Konventsausschuss wohl keine Entscheidung mehr treffen. Der Mitterer-Vorschlag ist allerdings nur einer von vielen, es gibt ja auch die Idee, die Landeshauptleute höchstpersönlich in den Bundesrat zu entsenden. Dagegen sprechen allerdings verfassungsrechtliche Bedenken, da in diesem Fall legistische und exekutive Kompetenzen vermischt werden würden.
Dass bisher sämtliche Reformversuche für den Bundesrat gescheitert sind, lässt Sie nicht an dessen Existenzberechtigung zweifeln? Immerhin hat sich die Landeshauptleutekonferenz als effiziente Interessensvertretung der Länder erwiesen.
Ich würde den jetzigen Reformversuch noch nicht als gescheitert betrachten. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass der Bundesrat eine wichtige Aufgabe hat. Natürlich arbeitet die LH-Konferenz effizienter, allerdings auch weitgehend ohne Öffentlichkeit und Transparenz. Mein Ziel ist es, die Arbeit von LH-Konferenz, Landtagen und Bundesrat bestmöglich zu verknüpfen. Was mich stört, ist, dass bisher der Bundesrat noch nie in die diversen Reformüberlegungen einbezogen wurde.
Niemand hat die Länderkammer daran gehindert, sich selbst einzubringen.
Offensichtlich hat sich der Bundesrat in der Vergangenheit zu wenig um sich selbst gekümmert. Am 8. Juni findet deshalb erstmals eine Klausurtagung aller Bundesräte statt, bei der es darum gehen soll, welche Rolle die Abgeordneten für sich selbst sehen. Auch die öffentliche Darstellung soll besprochen werden. Die Ergebnisse gehen dann an den Konventsausschuss.
Wie soll die Verknüpfung von LH-Konferenz, Landtagen und Bundesrat in der Praxis funktionieren?
Ziel ist es, den Bundesrat künftig stärker in die Bundesgesetzgebung miteinzubeziehen, indem er ein Stellungnahmerecht erhält. Ich halte das für den wichtigsten Punkt, denn derzeit können wir nur ja oder nein zu fertigen Gesetzen sagen.
Die Landtage haben derzeit doch ohnehin ein Stellungnahmerecht.
Der Bundesrat sollte die Stellungnahmen der Landtage öffentlich transportieren.
Und wenn sich die neun Landtage nicht einig sind?
Aufgabe des Bundesrates ist es sicherlich, die Gesamtheit der Ländermeinungen in den Gesetzwerdungsprozess einzubringen. Am Ende entscheidet in einer Demokratie aber immer eine Mehrheit.
Einer der Hauptstreitpunkte zwischen Bund und Ländern ist das liebe Geld. Die Länder hätten gern mehr davon, wollen aber nicht die politische Verantwortung für Steuer- oder Abgabenerhöhungen übernehmen.
Meiner Ansicht nach spricht nichts gegen eine Abgabenhoheit der Länder, wenn die Mittel im Land verbleiben und die Verwendung argumentierbar ist.