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Ein Pass für "Hochkaräter"

Von Alexander Dworzak

Politik
Als erster Staat der Europäischen Union legt Malta den Preis einer Staatsbürgerschaft fest.
© gov.mt

Ausführende Firma bietet Unterstützung auch für österreichischen Pass an.


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Valletta/Brüssel/Wien. Ein Mann trotzt dem Stress am Flughafen, spaziert später Hand in Hand mit seiner Gattin den Strand entlang und die Kinder tollen in Schuluniform am Gehsteig: "Warum sollte man Bürger eines anderen Landes werden? Genießen Sie Reisen ohne Visa, internationale Flexibilität und schützen Sie Ihre Familie. Ermöglichen Sie Ihren Kindern die beste Ausbildung und Sicherheit." Das verspricht die Firma Henley & Partner in einem Video. Sie bezeichnet sich als weltweit führend, wenn es darum geht, seinen Wohnsitz zu verlegen oder eine neue Staatsbürgerschaft zu erlangen - und hat nun einen neuen Kunden: Malta.

Denn Not macht erfinderisch. Und die seit Jahren andauernde Wirtschaftskrise hat auch vor Malta nicht haltgemacht. Also greift die sozialdemokratische Parlamentsmehrheit des kleinsten EU-Staates nach dem sprichwörtlichen Strohhalm und bietet nunmehr die maltesische Staatsbürgerschaft um 650.000 Euro feil. Für Angehörige des Antragsstellers ist der Pass vergleichsweise eine Okkasion: Ehepartner und Kinder unter 18 Jahren müssen lediglich 25.000 Euro bezahlen. Abgewickelt werden die Anträge über Henley & Partner - die Firma residiert in der Steueroase Jersey. Dort rechnet man mit bis zu 300 Bewerbungen um die Staatsbürgerschaft Maltas pro Jahr. Maltas Regierung schätzt konservativer, hofft auf 46 bewilligte Anträge, die 30 Millionen Euro in die Kassen spülen würden - exklusive der Provision für Henley & Partner.

"Hochkarätige" Personen, die auch als potente Investoren auf der kleinen Mittelmeerinsel auftreten, erhofft sich Premier Joseph Muscat. Die maltesische Opposition hingegen schäumt: Denn die Bewerber sind weder verpflichtet zu investieren, noch im Land zu leben. Sicher sei Malta mit der Aktion lediglich die schlechte Nachrede.

Erhebliche Vorteile erwartet hingegen die neuen Inhaber eines maltesischen Passes: Durch die EU-Mitgliedschaft des Landes samt Zugehörigkeit zum Schengen-Raum genießen sie Reisefreiheit in den meisten Staaten der Union. Und außerhalb Europas lässt es sich mit einem Pass aus einem EU-Land deutlich bequemer reisen, sind wesentlich weniger Visa erforderlich. "Malta sorgt mit seinem Gesetz für zwei Novitäten: Erstmals wird in der EU der Preis für eine Staatsbürgerschaft festgelegt. Und die Ausführung wird an eine private Firma ausgelagert", erklärt Gerd Valchars, Politikwissenschafter an der Universität Wien, gegenüber der "Wiener Zeitung".

"Informelle Zustimmungim Vorhinein einholen"

Auch in Österreich ist Henley & Partner aktiv, unterhält eine Repräsentanz in der noblen Wiener Innenstadt. Auf der Webseite der Firma werden die Vorzüge der österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes gepriesen. Dank des noch immer nicht novellierten Staatsbürgerschaftsgesetzes ist die intransparente Vergabe von Pässen - von der in der Vergangenheit Sportler genauso wie Opernsängerinnen oder Investoren profitierten - rechtlich weiterhin möglich. Für den österreichischen Pass notwendig ist die Zustimmung der Regierung; in der Regel wendet sich das jeweilige Ministerium an das Innenministerium, von dort gelangt das Gesuch in den Ministerrat. Es sei unumgänglich, informelle Zustimmungen aus den jeweiligen Ministerien einzuholen, bevor man die Investition in Österreich tätige, rät Henley & Partner potenziellen Interessenten. Erst danach käme das formelle Ansuchen um Staatsbürgerschaft. Als Zeitrahmen für das Verfahren gibt die Firma zwölf bis 18 Monate an.

Wie viele Personen Henley & Partner im Werben um eine österreichische Staatsbürgerschaft betreut, ist nicht bekannt. Mehrere telefonische Anfrageversuche der "Wiener Zeitung" blieben bisher unbeantwortet. Nach der "Part of the Game"-Affäre um Uwe Scheuch und einen russischen Unternehmer sank die Zahl der Einbürgerungen von Investoren oder Prominenten auf null im Jahr 2012. Maltas Passgesetz wiederum ist zwar ein Paradebeispiel dafür, dass nationale Politik weit über die Staatsgrenzen hinaus wirkt. Politologe Valchars rechnet aber nicht mit einem "Pass-Wettlauf" in der EU: "Malta besetzt lediglich eine Nische."