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ÖVP-Spitzenkandidat, Finanzminister unter SPÖ-Kanzler? | Viele Gerüchte um Sunnyboy mit Image-Kratzern. | Wien. Eigentlich grenzt es an ein kleines Wunder, dass Karl-Heinz Grasser immer noch auf der politischen Bühne Österreichs wandelt - und dieser Tage sogar als möglicher ÖVP-Spitzenkandidat im Falle von Neuwahlen gehandelt wird. Selbst über eine Fortsetzung seiner Karriere als Finanzminister in einer rot-schwarzen Koalition wird spekuliert. Vor allem SPÖ und Grüne haben über Jahre hinweg einen erklecklichen Teil ihrer politischen Energie darauf verwendet, den ehemals freiheitlichen Finanzminister - wie es im politischen Jargon so unnachahmlich heißt - abzuschießen. Nur gelungen ist ihnen das nie.
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Ihren besten Helfer hatten sie zeitweise in Grasser selbst, der es im Zuge der Homepage-Affäre an politischem Instinkt vermissen ließ. Zur Erinnerung: Die persönliche Homepage des Finanzministers wurde mit Geld der Industriellenvereinigung über einen Verein finanziert. Über die Steuerpflicht des Vereins entbrannte 2003 eine erbittert ausgetragene Auseinandersetzung.
Grasser wankte, aber er fiel nicht. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hielt eisern an jenem Mann fest, der maßgeblich zum Erdrutschsieg der Volkspartei 2002 beigetragen hatte, indem er fliegend von der FPÖ zur Kanzlerpartei wechselte - und gleich hunderttausende ehemalige FPÖ-Wähler mitnahm. Und auch Krone-Herausgeber Hans Dichand hat seinen Teil zum politischen Überleben des nunmehr parteifreien Ministers auf einem ÖVP-Ticket beigetragen, hielt er diesem doch unverbrüchlich die publizistische Treue. Dabei hat sicherlich auch der Glamour-Faktor eine Rolle gespielt, den Grasser seit der Heirat mit Fiona Swarovski aufs politische Parkett mitbringt.
Allerdings: Die Homepage-Affäre hat am Image des 37-jährigen Kärntners, der schon mit 25 Jahren Landeshauptmann-Stellvertreter an der Seite Jörg Haiders war, Spuren hinterlassen. "SPÖ und Grüne haben zwar den Fall Grassers nicht erreicht", analysiert der Politikwissenschafter Peter Filzmaier, "aber die alten Sympathie-Höhen hat er nicht mehr erreicht". Seither habe dieser seinen singulären Rang eingebüßt und rangiere auf einer Stufe mit anderen Sympathieträgern der Regierung wie etwa Außenministerin Plassnik, Innenministerin Prokop oder Umweltminister Pröll.
Was Grasser in den Augen Filzmaiers aber nach wie vor auszeichnet, ist seine Fähigkeit, "von Starmania-Fans über Schwiegermütter bis hin zu Großmüttern beiderlei Geschlechts" fast alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen anzusprechen. Dennoch polarisiere auch Grasser erheblich, was sich insbesondere unter den besser gebildeten, politisierten Wählern negativ auswirke.
Für Günther Ogris vom Meinungsforschungsinstitut Sora, liegt die politische Bedeutung Grassers vor allem darin, dass er die jungen, urbanen, mittelschichtigen und aufstiegsorientierten Zielgruppen besonders erfolgreich anspricht - "und genau hier hat die ÖVP ihre größte Schwäche". "Grasser", so Ogris, "verkörpert das ÖVP-Kernthema Budgetdisziplin, auch wenn man streiten kann, ob das objektiv stimmt".
Daran hat zumindest Bernhard Felderer keinen Zweifel. Für den Direktor des Instituts für Höhere Studien war der budgetpolitische Stabilitätskurs der vergangenen Jahre eine "international wie national dringende Notwendigkeit". Grasser sei bei der Verschuldung eine Trendumkehr gelungen und auch die Senkung bei Lohn- und Einkommensteuer sowie Körperschaftssteuer seien erfolgreich gewesen.
Grasser selbst hat sich in den letzten Wochen öffentlich zu allen Spekulationen auffällig zurückgehalten. Unbestritten ist er zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Asset für die ÖVP. Daran ändert auch nichts, dass die SPÖ offensichtlich nicht gewillt ist, einen Finanzminister Grasser unter ihrer Kanzlerschaft zu akzeptieren. Bleibt nur die Frage, wie es sich mit der eigenen Lebensplanung des jugendlichen Sunnyboys verhält.