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Ein Picknick, das 20 Jahre später polarisiert

Von WZ-Korrespondentin Karin Bachmann

Europaarchiv

Am 19. August 1989 bekam der Eiserne Vorhang ersten großen Riss. | Europas Konservative pilgern nach Sopron. | Pressburg. Das westungarische Sopron rüstet sich in diesen Tagen für die Festwoche aus Anlass des 20. Jahrestags des "Paneuropäischen Picknicks" am 19. August 1989. Das gemeinschaftliche Essen auf der Wiese war als Friedensdemonstration gedacht, bei der an der ehemaligen Pressburger Landstraße zwischen Sankt Margarethen im Burgenland und Sopronköhida die Grenze symbolisch für drei Stunden geöffnet werden sollte. Kolportierte 661 DDR-Bürger nutzten damals die Gunst der Stunde zur Flucht in den Westen. Ungarn verstärkte danach die Bewachung der Grenze, erst später durften DDR-Bürger regulär ausreisen.


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Das Picknick gilt als eines der wichtigsten Ereignisse beim Fall des Eisernen Vorhangs. Nicht umsonst war etwa noch deutlich später während der Jubelbekundungen an der Burg Theben im Norden von Pressburg bei der Öffnung der österreichisch-tschechoslowakischen Grenze auch von Sopron die Rede. Die Soproner selbst erinnern jedes Jahr an das Picknick.

Bühne für Wahlkampf

In den kommenden Tagen ist in Sopron vor allem konservative Prominenz präsent. Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der schwedische Außenminister Carl Bildt als Repräsentant der EU-Ratspräsidentschaft werden kommen. Das ist den aktuellen politischen Konstellationen auf dem Kontinent geschuldet. Doch für manche Konservative ist Sopron sicher auch ein willkommener Anlass, sich besonders wirksam in Szene zu setzen oder tatkräftige Schützenhilfe zu leisten, steht doch in den kommenden Monaten einiges auf dem Spiel. Merkel will am 27. September die Bundestagswahlen, der ungarische Fidesz mit Viktor Orbán an der Spitze die ungarischen Parlamentswahlen im Frühjahr gewinnen. Für Orbán ist das Jahr 2009 mit all seinen Gedenkfeiern ein ganz besonderes, weil er am 16. Juni 1989 während der sogenannten Umbettung für Imre Nagy auf dem Heldenplatz in Budapest eine Rede hielt, auf die sich ein Großteil seines Charismas gründet, das ihm bis heute zugeschrieben wird.

Anlässlich der diesjährigen Gedenkfeiern für den 27. Juni 1989, den Tag der symbolischen Grenzöffnung durch den früheren österreichischen Außenminister Alois Mock und seinen damaligen ungarischen Amtskollegen Gyula Horn, zu denen viel europäische Politprominenz anreiste, wurde aus dem konservativen Lager angemerkt, das sei nur und vor allem ein PR-Termin für die sozialistische ungarische Regierung. Kritiker, wie etwa der renommierte Historiker und Buchautor György Dalos, finden es jetzt umso bemerkenswerter, wie sehr sich die Konservativen in Sopron ins Zeug legten. Es entstünde der Eindruck, so der Einwand, als seien die damaligen Ereignisse nur Vertretern eines bestimmten politischen Lagers geschuldet. Dabei sei der Zusammenbruch des Kommunismus nicht ohne die denkbar, die eines Systems voll alltäglicher Zumutungen überdrüssig waren (siehe Artikel unten).