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Ein Plädoyer für das gedopte Gehirn

Von Malcolm Ritter

Wissen

US-Wissenschafter empfehlen Gesunden Medikamente zur Leistungssteigerung. | Kollegen üben heftige Kritik. | New York. (ap) Der Aufruf klingt zunächst wie ein Scherz, ist aber durchaus ernst gemeint: Nicht nur hyperaktive Kinder oder Patienten mit schlechtem Gedächtnis sollen Präparate schlucken dürfen, die die Hirnleistung verbessern. Dieses Recht müsse auch gesunden Menschen zustehen, fordern sieben Wissenschafter in der renommierten Zeitschrift "Nature".


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Die Verfasser - darunter Hirnforscher, Mediziner, Ethik-Experten und der Chefredakteur der Zeitschrift - verweisen darauf, dass viele Schüler und Studenten bereits Stimulanzien illegal verwenden, um bessere Leistungen zu erzielen. Der Bedarf an solchen Präparaten werde künftig steigen, und zwar auch in anderen Gruppen der Gesellschaft, prognostizieren die Wissenschafter.

Hirnforscherin Martha Farah von der Universität von Pennsylvania gehört zu den Unterzeichnern des Textes. Die "Hirnpillen" könnten künftig etwa Erwachsenen mittleren Alters helfen, die ein jugendlich-frisches Gedächtnis wünschten, oder vielbeschäftigten Angestellten, die ihre zahlreichen Verpflichtungen erfüllen müssten, sagt sie und fügt hinzu: "Fast jeder wird die Präparate nutzen wollen."

Unklare Nebenwirkungen

Dass manche Menschen beim Gedanken an ein solches Szenario Unbehagen beschleicht, verstehen Farah und ihre Kollegen nicht. "Wir sollten neue Verfahren begrüßen, die unsere Gehirnfunktion verbessern", schreiben sie. Das Schlucken solcher Pillen sei nicht verwerflicher als gesunde Ernährung oder der Wunsch nach ausreichend Schlaf. "Ich wäre der erste Interessent, wenn es sichere und wirksame Mittel gäbe, die Koffein übertrumpften", sagt Mitverfasser Michael Gazzaniga.

Die Autoren verweisen in ihrem Artikel vor allem auf eine Umfrage aus dem Jahr 2001 an 11.000 College-Schülern: Darin gaben vier Prozent der Befragten zu, im Vorjahr mindestens einmal illegal verschreibungspflichtige Stimulanzien genommen zu haben. An manchen Schulen gestand sogar jeder vierte Befragte solche Erfahrungen. "Es ist eine Straftat, aber es wird gemacht", sagt Farah.

Konjunktur haben vor allem die Amphetamine Ritalin und das in vielen Ländern nicht zugelassene Adderall. Beide sind eigentlich für Patienten mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung gedacht, steigern die Konzentration aber auch bei gesunden Menschen. Das Narkolepsie-Mittel Modafinil soll starke Tagesmüdigkeit vertreiben und kann Studien zufolge auch ausgeruhte Personen zu Höchstleistungen anspornen. Und manche Alzheimer-Medikamente können demnach ebenfalls das Gedächtnis auf Trab bringen.

Lediglich die Risiken der Präparate müssten noch besser erforscht werden, räumen die Autoren ein. Die Gefahren sind zum Teil beträchtlich: Adderall kann laut Packungsbeilage zu plötzlichem Herztod und Schlaganfall führen, vor allem bei Menschen mit Herzkreislauf-Erkrankungen. Dennoch sollen Pharmahersteller nach dem Willen der Forscher für sichere und wirksame Mittel künftig sogar werben dürfen.

Die schärfste Kritik kommt da vom Bioethiker Leigh Turner von der Universität in Minnesota. "Das ist eine schöne Lobeshymne, um Medikamente an Menschen zu vermarkten, die keinerlei Krankheit haben", sagt er. Farah hat laut eigener Aussage zwar keine Beziehungen zu Medikamenten-Herstellern. Aber mindestens zwei der Autoren arbeiten als Berater für Pharma-Unternehmen.