Der österreichische Finanzwissenschaftler Robert Holzmann ist seit 1997 Direktor für Soziale Sicherung in der Weltbank. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt der internationale Vergleich von | Pensionssystemen.
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"Die internationalen Pensionssysteme spielen eine große Rolle in der Weltbank. Als ich nach Washington kam, war es eine meiner ersten Aufgaben, mich mit länderspezifischen Übergangsfinanzierungen
auseinander zu setzen", so Holzmann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Holzmann, der sich schon in seiner Dissertation mit den österreichischen Sozialsystemen beschäftigte, zur gegenwärtigen
Situation in unserem Land: "Das ausgebaute Umlagensystem, die hohen Ausgaben sowie der frühe Pensionsbeginn schränken die Möglichkeiten für Alternativen ein. Das 1994 entwickelte Referenzmodell der
Weltbank · ein Drei-Säulen-System, das jedoch anders funktioniert, als es sich Jörg Haider vorstellt · ist in Österreich schwer umzusetzen. Auch das Haider-Modell ist für Österreich nicht unbedingt
der richtige Ansatz".
Mittelweg zwischen Streissler und Rürup
Da jedes Zuwarten die Ausgangslage verschlechtert, das Umlagensystem in gegebener Form nicht aufrecht haltbar ist und Firmenpensionen in einem Land der Klein- und Mittelbetriebe immer nur einen
geringen Prozentanteil beisteuern können, plädiert Holzmann für "einen Mittelweg zwischen den Vorschlägen des österreichischen Volkswirtschafters Erich Streissler und dem deutschen Pensionsexperten
Bernd Rürup". Sein politisches Konsensmodell: "Wenn wir die Umlage auf 40 bis 50% verringern, entspricht dies zwar nicht dem Grundsicherungsmodell der Grünen oder Liberalen, aber es kommt diesem
näher. Zusätzlich sollten Haiders Betriebspensions-Vorschläge integriert werden und über 30% der Restfinanzierung könnten individuell und freiwillig erfolgen".
Mindestens müsse das Umlagesystem aber auf 70% · mit sofort beginnenden 20- bis 25-jährigen Übergangsfristen · reduziert werden. Sobald eine Konsensmöglichkeit über zusätzliche Kapitaldeckung erzielt
werde, müsse die steuerliche Absetzbarkeit von Sozialversicherungsbeiträgen gesichert und auch die Absetzbarkeit künftiger Ausschüttungen diskutiert werden.
Kollektivvertrag verpflichtet zu Firmenpensionen
Nicht nur mit Gewerkschaftsfonds, Bnkenpensionsfonds oder Firmenpensionsfonds ist die internationale Bandbreite schon beachtlich gestreut. In einigen Ländern, wie etwa Holland, sind
Firmenpensionen auf verpflichtender Basis und Kollektivvertrags-Ebene vorgesehen. In der Schweiz ist eine zweite Säule an freiwilligen Firmenpensionen entstanden und in Australien wird das System
durch verpflichtende kapitaldeckende Pensionen aufrecht erhalten.
Holzmann, der derzeit an der Universität Saarbrücken als Professor für Internationale und Europäische Wirtschaft karenziert ist, wurde über eine weltweite Ausschreibung unter 240 Bewerbern für seine
derzeitige Weltbank-Funktion ausgewählt. Als früherer Konsulent von IWF, OECD, Weltbank, EU oder auch der heimischen Nationalbank hält er heuer im dritten Jahr zweiwöchige Work-Shops in Harvard für
Politverantwortliche aus aller Welt ab. Neben mehreren aktiven Ministern und Mitgliedern des sozialpolitischen Ausschusses Osteuropas nahmen daran auch schon drei österreichische Vertreter · von IHS,
Wifo und dem Sozialministerium · teil.
Entwicklungsländer: "Netze als Trampoline"
In seinem alltäglichen Arbeitsablauf beschäftigt sich der Chef von 60 MitarbeiterInnen in der Weltbank-Zentrale und zwischen 300 und 400 weltweiten ProjektmitarbeiterInnen mit sozialem
Risikomanagement und der Hilfestellung bei Risikenbewältigung. Mit Entwicklungsländern kooperiert seine Abteilung nach dem Motto "Netze als Trampoline", wobei mit diesen Anreizmodelle zur Selbsthilfe
· wie beispielsweise bei der Landreform · erarbeitet werden. Auch in die jüngste Sudost-Asien-Krise war der Direktor für "Social Protection" im "Human Development Department" stark eingebunden.