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Topolanek nicht ODS-Spitzenkandidat in Tschechien. | Partei ist in mehrere Lager gepalten. | Prag/Wien. Mirek Topolanek ist ein Polterer, seine Aussagen sind oft rüde und beleidigend. Zuletzt trat der Vorsitzende von Tschechiens Bürgerlichen Demokraten (ODS) aber in ein Fettnäpfchen zu viel.
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Nach kontroversiellen Sagern zu Juden und Homosexuellen zog sich Topolanek, der parteiintern heftig unter Druck geraten war, als Spitzenkandidat für die Parlamentswahl in zwei Monaten zurück. Er bleibt aber vorerst ODS-Vorsitzender. Laut Kommentatoren ist es jedoch nur noch eine Frage der Zeit, bis er auch dieses Amt abgibt.
Der Stein des Anstoßes: In einem informellen Gespräch mit einer Zeitschrift, antwortete Topolanek auf die Frage, wie er einen Schwulen charakterisieren würde: "Bei Gustav Slamecka als (Verkehrs-)Minister, wenn es wirklich hart auf hart kommt, habe ich das Gefühl, dass er ausweicht. Und (Premier Jan) Fischer ist Jude, kein Homosexueller - der weicht noch früher aus. Das hängt aber nicht damit zusammen, dass er (Slamecka) Homosexueller ist, sondern mit seinem Charakter." Die Empörung in der Öffentlichkeit war trotz Entschuldigungen Topolaneks groß. Premier Fischer bezeichnete die Aussagen Topolaneks "diplomatisch gesagt als beleidigend, dumm und abwegig".
Führte ODS aus dem Schatten von Klaus
Es war nicht der einzige Sager Toplaneks, der jüngst für Aufsehen sorgte: Der Kirche hat er "Massenverdummung" vorgeworfen, und dem durchschnittlichen Tschechen sollte man nach Ansicht des 53-Jährigen "in den Arsch treten".
Seine unüberlegten Aussagen kosten den Maschinenbauer nun wohl seine politische Karriere. Dabei war es ihm gelungen, die ODS aus dem Schatten von ihrem Übervater und Gründer Vaclav Klaus zu führen. 2002 übernahm Topolanek vom jetzigen Staatspräsidenten den Parteivorsitz.
"Topolanek drängte nicht nur den massiven Einfluss von Klaus zurück, sondern gab der Partei nach Wahlniederlagen auch neue Energie", sagt der Prager Politologe Jiri Pehe gegenüber der "Wiener Zeitung". Bei der Parlamentswahl 2006 wurde die ODS stärkste Kraft. Topolanek war Premier, bis er im März 2009 durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde.
Laut Pehe ist es ein Verdienst Topolaneks, dass er den Lissabonner Vertrag durchboxte - trotz großer Vorbehalte innerhalb der eigenen Partei und der ständigen Querschüsse von Klaus gegen die EU.
Gleichzeitig habe Topolanek der ODS einen Bärendienst erwiesen, indem er sie in die Nähe von Wirtschaftsinteressen rückte. Fotos, die Topolanek im Urlaub mit Wirtschaftsbossen und Lobbyisten zeigten, kamen in der Öffentlichkeit gar nicht gut an. "Die ODS hat den Ruf einer Klientelpartei", sagt Pehe.
Eine Bürde, die nun der neue Spitzenkandidat Petr Necas zu tragen hat. Der überzeugte Konservative hat auch noch mit einem anderen Problem zu kämpfen. Die ODS ist in mehrere Lager zerfallen, Grabenkämpfe drohen den Wahlkampf zu überschatten. Aber in einem Punkt kann man sich bei Necas, der als zurückhaltend gilt, sicher sein: Er wird nicht wie Topolanek von einem Fettnäpfchen ins nächste treten.