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Ein Preis ist nie gratis

Von Christina Böck

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Die Empörung kam nicht gerade verhohlen rüber: "Eine bekennende Israel-Hasserin mit einem Preis auszuzeichnen, der nach dem großen, von den Nazis als ,Halbjude‘ in die Emigration gezwungenen Philosophen benannt wurde, kann nicht als bloßer Fehlgriff gelten", formulierte Stephan J. Kramer vom Zentralrat der Juden in Deutschland dessen Protest. Den Protest gegen die Verleihung des Adorno-Preises an Judith Butler. Nicht weniger als "moralische Verderbtheit" diagnostizierte er bei ihr.

Ein veritabler Eklat also, der sich an einer früheren Aussage Butlers entzündet: Da hätte sie Hisbollah und Hamas als legitime soziale Bewegungen bezeichnet. Seit diesem verhängnisvollen Gespräch mit Studenten hat sich Butler in vielen Interviews dafür entschuldigt, dass ihre Sätze falsch verstanden wurden. In einer Verteidigungsantwort, die in der deutschen "Zeit" jetzt veröffentlicht wurde, hat sie nun Antisemitismus-Vorwürfe als "verleumderisch und haltlos" bezeichnet und erklärt, dass der "Vorwurf des jüdischen Selbsthasses" sie besonders schmerzt. Sie bekräftigte aber ihre Unterstützung der israelkritischen Organisation "Boycott, Divestment and Sanctions" - weil sie damit ihrerseits gegen die Besetzungspolitik Israels protestiere. Das differenziert die Vorwürfe ein bisschen. Dass sie mit solchen Ansichten zum wahrscheinlich heikelsten Polit-Thema der Welt als Preisträgerin einer renommierten Würdigung unwillkürlich in der Kritik stehen würde, das hätte ihr mit dem Berufsbild Denkerin eigentlich klar sein müssen. "Moralisch verderbt" kann man dazu wohl kaum sagen.