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Ein Privatspital mehr - und das ohne Begründung

Von Karl Ettinger

Politik

Der Rechnungshof kritisiert in einem Rohbericht Aufstockung und deutlich mehr Geld ab 2019 und ortet "Handlungsbedarf".


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Das machte die Kontrollore des Rechnungshofes äußerst stutzig. Ab 2019 wurde die Dotation des Zusammenschlusses der Privatkrankenanstalten in Österreich um 14,7 Millionen Euro dauerhaft erhöht. Die Folge war eine "deutliche finanzielle Besserstellung". Im Zuge einer Neuerung im Sozialversicherungsgesetz wurde ein weiteres Privatspital aufgenommen und die Mittel auf rund 150 Millionen Euro insgesamt aufgestockt. Was den Rechnungshofprüfern sauer aufstieß: In den Gesetzesmaterialien der damaligen ÖVP-FPÖ-Koalition war "weder die Erhöhung der Dotierung noch die Neuaufnahme nachvollziehbar begründet".

Der Rechnungshof hat sich dabei mit jenen Vorgängen beschäftigt, die im August des Vorjahres bereits ein unangenehmes Nachspiel der Justiz für Ex-Vizekanzler und FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache hatten. Er ist Ende August 2021 im Wiener Straflandesgericht wegen Bestechlichkeit zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Zwölf Monate bedingte Haft wegen Bestechung fasste Walter Grubmüller aus, der Betreiber der Privatklinik Währing. Strache und Grubmüller waren schuldig gesprochen worden, dass nach einer Spende des Betreibers die Klinik Währing mittels FPÖ-Initiativantrag in den Finanzierungsfonds für Privatkrankenanstalten, kurz Prikraf, aufgenommen wurde.

Die Kontrollore des Rechnungshofes stießen sich generell an den gesetzlichen Regelungen für den Fonds, der 2002 mit 73 Millionen eingerichtet worden ist. Ab 2008 war die Aufnahme weiterer Privatspitäler möglich, 38 waren es schließlich. Aber weder im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz noch im speziellen Prikraf-Gesetz waren für die Aufnahme genauere Kriterien beziehungsweise "allfällige damit zusammenhängende Folgen definiert", wird in dem Rohbericht des Kontrollorgans, der noch Verschlussache ist, beanstandet.

"Mehrbelastung" für die Krankenkassen

Die österreichischen Krankenversicherungsträger - und damit letztlich die Versicherten mit ihren Krankenkassenbeiträgen - zahlen einen jährlich valorisierten Pauschalbeitrag in den Finanzierungsfonds für die Privatkrankenanstalten ein. Die 14,7 Millionen Euro, die ab dem Jahr 2019 zusätzlich geleistet wurden, machten immerhin das Dreifache der Erhöhung im Zeitraum von 2017 bis 2019 aus. Die Aufstockung "stellte eine finanzielle Mehrbelastung der Krankenversicherungsträger dar", hielten die Prüfer fest. Damit wurden demnach die Versicherten als Beitragszahler des öffentlichen Kassensystems in Österreich belastet.

Der Rechnungshof sieht jedenfalls "Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen", wie es in dem Rohbericht heißt. Besonders der Gesetzgeber wird in die Pflicht genommen: künftige rechtliche und finanzielle Änderung des Prikraf-Gesetzes sollten auf "nachvollziehbaren, validen und in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Entscheidungsgrundlagen basieren", wird vorrangig verlangt. Insbesondere sollten die von den Privatspitälern erbrachten und von der Sozialversicherung zu finanzierenden Leistungen berücksichtigt werden, fordert der Rechnungshof.

Darüber hinaus drängt das Kontrollorgan auf Kriterien für die Aufnahme von Privatspitälern in den Fonds. Außerdem sollten diese regelmäßig geprüft werden. Vermisst wird weiters eine eindeutige gesetzliche Festlegung, wer zur Geschäftsführung gehört. Es sei auch die Zusammensetzung der elfköpfigen Fondskommission im Hinblick auf die Verantwortung der Finanzierung zu prüfen.

Strengere Aufsicht durch das Gesundheitsministerium

Das Gesundheitsministerium wird ebenfalls dazu angehalten, ein strengeres Auge auf den Fonds für die Privatkrankenanstalten zu haben. Denn bisher fehlte es an sogenannten Vor-Ort-Überprüfungen durch das Gesundheitsressort als Aufsichtsorgan. Dies vor allem deswegen, weil der Prikraf zwar Mittel von rund 150 Millionen Euro aus Beiträgen der Krankenversicherung erhält, aber über keine interne Revision zur Kontrolle verfügt, wie der Rechnungshof beklagte. Die jährliche Prüfung der Wirtschaftsprüfungskanzlei habe sich im Wesentlichen auf die Feststellung eines ordnungsgemäßen Jahresabschlusses beschränkt, wird im Rohbericht bemängelt.

Schließlich mahnte der Rechnungshof auch zu Verbesserungen der Qualitätssicherung ein. Was die Abgeltung von Gesundheitsleistungen betrifft, vermissten die RH-Kontrollore eine Nachprüfung. So lagen die Ist-Stunden etwa im Jahr 2020 unter den Soll-Stunden gemäß Stellenplan beziehungsweise freien Dienstverträgen, wurde festgestellt. Daher wäre nach Ansicht der Rechnungshofprüfer das Ausmaß an Soll-Stunden neu zu definieren und die vereinbarten und erbrachten Stunden danach auszurichten, wird in dem Prüfbericht gefordert.

Rückenwind für Kritik des Fonds

Der Rechnungshofrohbericht schaufelt Wasser auf die Mühlen des höchsten Arbeitnehmervertreters in der österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, dem der Fonds für die Privatkrankenanstalten ein Dorn im Auge ist. Der Prikraf müsse reformiert werden, weil er intransparent sei, verlangt Huss. Außerdem müssten die 14,7 Millionen Euro, die jährlich zusätzlich durch die ÖVP-FPÖ-Änderung in den Fonds fließen, zurückgenommen werden, weil das Geld der Gesundheitskasse, die mit einem Defizit kämpft, fehle. Wenn keine Reform gelinge, müsse der Prikraf abgeschafft und die in den Privatspitälern erbrachten Leistungen wie vor 2002 mit Verträgen im Einzelfall geregelt werden, betont Huss.