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"Hurenmord. Ein Priester schweigt": Ein Krimi, vorgestern abend in ORF 1. Ein Mörder beichtet einem Priester den Mord an einer Hure. Kurz danach wird ein anderer Mann als mutmaßlicher Täter
verhaftet. Der Priester weiß, daß der Verdächtige unschuldig ist, wagt aber nicht, das Beichtgeheimnis zu verletzen. Deshalb versucht er, auf eigene Faust den Mörder zum Geständnis zu bewegen. Der
ist aber nicht umzustimmen, es kommt zu weiteren Morden, und am Ende muß der Seelsorger eigenhändig den Mörder erschießen. In Notwehr, selbstverständlich.
Die Story hatte ihre Reize, und die Schauspieler und Schauspielerinnen waren nicht schlecht. Trotzdem hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Denn zuviel Psychodynamik war in die Kriminalhandlung
verpackt. Der Priester, der an seiner Gewissensnot schon genug zu leiden hatte, wurde auch noch mit der Tatsache konfrontiert, daß sich seine attraktive Schwester ausgerechnet in den Mann verliebt,
der bei ihm den Mord gebeichtet hat. Und als ob das immer noch nicht genug wäre, war eben dieser Mörder zugleich auch der Kommissar, der die Ermittlungen in Sachen Hurenmord leitete. Daß sich ein
unbewältigter Mutterkonflikt hinter den Mordtaten des ansonsten durchaus sympathischen Polizisten verbarg, wurde nebenbei auch noch mitgeteilt. All das zusammen führte · jedenfalls nach meinem
Geschmack · zu einem psychologischen Overkill. Das Opfer war die Krimispannung, die über dem Ausagieren all der Psychodramen zusehends auf der Strecke blieb.