Umsatzrückgänge wegen Krise vorerst lediglich moderat. | Internationale Expansion wird nicht verlangsamt. | Höheres Werbebudget und neue Kika-Werbelinie. | "Wiener Zeitung": Wie stark wirkt sich die beginnende Wirtschaftskrise derzeit auf die Umsätze im Möbelhandel aus?
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Paul Koch:Man muss aufpassen, nicht alles in einen Topf zu werfen. Mit Kika sind wir mittlerweile ja in sieben Ländern vertreten. Ungarn ist sicher ein Land, das sich, schon bevor die Weltwirtschaftskrise sichtbar wurde, in einer sehr komplizierten Situation befunden hat. Dort merkt man ungefähr seit einem Jahr, dass es für die Kunden schwieriger wird, bei uns einkaufen zu gehen. In Tschechien oder der Slowakei sind diese Effekte um vieles milder, in Kroatien ebenfalls.
Man könnte das "Raunzen auf hohem Niveau" nennen, weil man von den regelmäßigen Umsatz- und Ertragssteigerungen der letzten Jahre natürlich ein bisschen verwöhnt ist.
Und wie läuft das Geschäft aktuell in Österreich?
Da gibt es derzeit natürlich gewisse Rückgänge. Obwohl es bis Ende Jänner eigentlich ganz in Ordnung war, mit Februar ist es dann aber merklich härter geworden.
Kürzlich war jedoch eine Statistik zu lesen, dass der heimische Möbelhandel bereits im Jänner einen elfprozentigen Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen gehabt haben soll.
Das trifft auf uns Gott sei Dank nicht einmal annähernd zu. Mit Februar haben wir das schwierigere Umfeld aber dann tatsächlich gespürt. Allerdings sind keineswegs alle Sortimentsbereiche gleich betroffen. Wir merken etwa, dass sich Vorhänge schon seit drei Monaten etwas schwieriger verkaufen, dafür gibt es schöne Umsatzzuwächse bei Küchen und bei mittel- bis hochpreisigen Speise-Gruppen. Bei Gartenmöbeln haben wir sogar zweistellige Zuwächse verzeichnet.
Wobei die Umsätze mit Gartenmöbeln im Jänner und Februar insgesamt wohl nicht berauschend sind?
Das ist schon richtig, aber wir haben jetzt zwei Jahre hintereinander an die 15 Prozent Umsatzzuwachs im Gartenbereich verzeichnen können. Und das scheint sogar stärker als im Vorjahr weiter so zu laufen.
Ein bisschen klingt das aber nach Zweckoptimismus .
Ich möchte die Entwicklung keineswegs zwanghaft schönreden, aber man muss wirklich genau differenzieren - Land für Land, Möbelhaus für Möbelhaus und Produktsegment für Produktsegment. Da gibt es erhebliche Unterschiede.
Allerdings sind die Wirtschaftsforscher praktisch einhellig der Ansicht, dass der Möbelhandel - gleich nach der Autoindustrie - eine der Branchen ist, die von der Krise am stärksten betroffen sein wird.
Da gibt es sehr viele unterschiedliche Meinungen. Grundsätzlich steigt die Bedeutung des Zuhauses. Ob man diese Trends jetzt Cocooning oder die Schaffung von Wellness-Oasen nennt, spielt keine Rolle. Aber ein schönes Heim ist den Menschen auch jetzt wichtig.
Diese Trends mögen ja ihren Stellenwert haben. Aber in schwierigenZeiten kann man den Kauf eines neuen Sofas oder neuer Vorhänge eben recht problemlos um ein oder zwei Jahre aufschieben.
Ich könnte Ihnen Studien zeigen, die zum Ergebnis kommen, dass Möbel die einzigen größeren Investitionen sind, die in solchen Zeiten noch getätigt werden. Man verzichtet auf Reisen und das neue Auto, möchte aber trotzdem ein schönes Zuhause. Ich habe kürzlich bei einem Kundenabend beispielsweise die Argumentation gehört: "Bevor das Geld nichts mehr wert ist, kaufen ich mir lieber noch eine neue Küche."
Viele Kunden werden trotzdem eher sparen. Wie reagiert Kika/Leiner auf Kaufzurückhaltung?
Es geht weiterhin darum, beim Kunden zu bleiben, ein schönes Angebot für ihn zu haben und die Kunden durch gutes Service zu binden.
Das werden Sie in guten Zeiten auch versuchen. Da für 2009 aber aller Voraussicht nach ein geringerer Umsatz als 2008 zu verbuchen sein wird, werden vermutlich auch noch andere Maßnahmen kommen.
Der Möbelhandel ist eine Branche, in der die Rabattschlachten leider ohnedies Tradition haben. Das zu intensivieren, macht keinen Sinn, weil die Kunden ohnehin nicht mehr wissen, wer gerade wieviel Prozent Rabatt gibt. Das kann ich auch mit noch höherem Werbeaufwand nicht ändern. Es ist eben eine Zeit der großen Ungewissheit. Ich kenne Unternehmen, die nicht einmal mehr ein Umsatzbudget, sondern nur noch ein Kostenbudget für das laufende Jahr machen.
Das klingt ein wenig nach Fatalismus.
Keineswegs. Aber wir sind ein Familienunternehmen, das doch einen etwas anderen Horizont hat. Wir haben mit unseren Maßnahmen nicht erst jetzt begonnen, sondern führen das fort, was wir ohnedies auf der Agenda hatten. Das sind laufende Prozesse der Optimierung, der Verbesserungen: eine neue EDV, Optimierung der Reklamationsprozesse und Ähnliches.
Aber Sie werden sich in den letzten Wochen und Monaten wahrscheinlich auch Maßnahmen überlegt haben, die zuvor nicht nötig schienen?
Natürlich gibt es auch Zusatzmaßnahmen, die man in der Hinterhand hat. Wenn die schlechtesten Szenarien eintreten, wird man noch einmal nachgreifen müssen. Da kommt man dann ohnehin schnell zu den beiden wichtigsten Kostenblöcken: Das sind Personal und Marketing.
Allerdings hat Kika/Leiner eine besonders gute und kooperative Personalkultur, was in der Branche auch bekannt ist. Da wird also kein Kahlschlag vorgenommen, sondern gemeinsam versucht, individuelle Lösungen für kürzere Arbeitszeiten, Arbeiten von Zuhause, temporäre Auszeiten und Ähnliches zu finden.
Erwägen Sie, einzelne Standorte, die zuletzt möglicherweise noch marginal profitabel waren und jetzt ins Minus rutschen, zu schließen?
Im Moment denken wir nicht im Entferntesten an Filialschließungen. Das ist Gott sei Dank nicht notwendig. Die meisten Standorte sind noch schön positiv, andere bei Null. Hie und da gibt es auch einmal eine Filiale, die zwischendurch einen Monat nicht positiv abschließt. Aber wenn ich ein Möbelhaus um 20 Millionen Euro schon einmal hingestellt habe, dann werde ich es nicht wegen einiger schlechter Monate zusperren. Aber auch Standorte, die vielleicht temporär defizitär sind, erwirtschaften trotzdem noch einen Deckungsbeitrag.
Treten Sie bei der Expansion außerhalb Österreichs jetzt auf die Bremse?
Nein, überhaupt nicht. Wir haben im Dezember den ersten Diskontmarkt in Kroatien eröffnet und in Bukarest den ersten Kika in Rumänien aufgesperrt. Im April starten unser zweiter Cash-and-Carry-Markt in Tschechien und der erste Kika in Moskau.
Werden Sie, so wie manche andere Handelsunternehmen, aus Kostengründen das Werbe- und Marketingbudget kürzen?
Im Gegenteil. Wir werden sowohl bei Leiner als auch bei Kika das Marketingbudget aufstocken. Allerdings ist die Werbung von Kika die letzten Jahre nicht immer optimal gelaufen. Wir haben mehrere unterschiedliche Werbeagenturen beschäftigt, auch unsere Marketingleiter haben öfter gewechselt. Wir waren nicht unbedingt zielgetreu und wussten nicht genau, wo wir nach der großen Expansion in Österreich in den 80er Jahren eigentlich hinwollten.
Ursprünglich war Kika ja eine wirklich freche Marke, dann hat man 80 Prozent des Marktes abgedeckt und geglaubt, man muss auch Werbung für 80 Prozent der Leute machen. Das hat der Positionierung nicht unbedingt gut getan.
Während Ihr Mitbewerber Lutz eine Werbestrategie kreiert hat, die sehr einprägsam ist und mittlerweile vermutlich jedem Österreicher ein Begriff ist . . .
Eine Strategie die sehr polarisierend ist, aber jedenfalls seit zehn Jahren kontinuierlich umgesetzt wird. Während die kika-Werbung in den letzten Jahren keine Kontinuität hatte. Jetzt ist die Richtung aber klar und seit kurzem laufen die neuen kika-Spots im Radio im Fernsehen. Ich glaube, wir haben da endlich etwas Neues, mit einer neuen Richtung und.
Handelsunternehmen betonen in Ihrer Werbung derzeit vor allem den Preis beziehungsweise Rabatte. Werden Sie ähnlich vorgehen?
Keineswegs. Im Möbelhandel haben aggressive Preisaktionen zwar leider Tradition, aber ich möchte das eher zurückdrängen. Ich bin fest davon überzeugt, dass kaum ein Kunde heute noch weiß, wer wann wo wieviel Prozent Rabatt bietet.
Und was ist die Konsequenz daraus?
Wir bei Leiner betonen, dass wir ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis haben - ohne deswegen gleich ein Diskonter zu werden und überall der Billigste zu sein. Das wird nämlich auch gar nicht verlangt. Bei Kika konzentrieren wir uns darauf, ein paar Bestpreisprodukte wirklich hervorzuheben und auf Pauschalaussagen, die verwechselbar sind, zu verzichten. Sie merken sich viel eher, wenn ich sage, ich habe eine Küche mit Geräten um 299 Euro, als wenn ich sage, bei Kika gibt es nächste Woche alles 10 Prozent billiger.
Eine Küche mit Geräten um 299 Euro wird sich in der Kalkulation aber nur schwierig ausgehen.
Das stimmt schon. Aber wir haben eine um 399 Euro mit Geräten.
Wenn ich Sie zuhause besuchen würde, welche Möbel würde ich da vorfinden? Aus dem Kika/Leiner-Sortiment oder teure Designer-Stücke?
Das ist sehr bunt gemischt. Wir sind erst vor drei Jahren nach Österreich zurückgezogen. Aber Küche, Bad, Schlafzimmer, Böden, Einbaukästen sind alle von Kika/Leiner, auch der Esszimmertisch.
Zur Person
Paul Koch wurde am 8. März 1977 geboren und besuchte in Wien die International American School. Nach der Matura studierte er von 1995 bis 1999 an der Management School der Boston University. Im Jahr 2000 gründete Koch gemeinsam mit Partnern die Firma MindConnect. Von 2004 bis 2006 besuchte er die IESE Business School in Barcelona und erwarb dort einen MBA.
Im September 2006 trat er in die familieneigene Möbelhandelsgruppe Kika/Leiner ein. Im vergangenen Jahr zog sich sein Vater Herbert Koch, der das Unternehmen zu seiner heutigen Größe geführt und zu einem international agierenden Möbelhändler mit rund 8200 Mitarbeitern und 1,25 Milliarden Euro Umsatz gemacht hat, weitgehend aus der aktiven Geschäftsführung zurück.
Seither leitet Paul Koch gemeinsam mit Johannes Jungblut die Unternehmensgruppe.