Anlagekapital von 40 Millionen wackelt. | "Werden alle Kunden einzeln ansprechen." | Generali an Teilen der AIG interessiert. | Taormina. "Wir haben in 175 Jahren niemanden im Stich gelassen und werden das auch in Zukunft nicht tun", betont Luciano Cirinà, Chef der Generali Österreich. Er verspricht jenen 2000 Lebensversicherungskunden, die zu Jahresbeginn bei einem Anlageprodukt der mittlerweile zusammengebrochenen US-Investmentbank Lehman Brothers nichtsahnend zugegriffen haben, eine "baldige Lösung".
Details dazu will Cirinà vorerst keine nennen. Die müssten auch noch mit der italienischen Mutter in Triest akkordiert werden. Aber: "Wir werden alle Kunden einzeln ansprechen", so Cirinà vor österreichischen Journalisten in Sizilien. "Keiner bleibt unter Wasser."
Anleihe "noch werthaltig"
In Summe geht es um ein veranlagtes Kapital von rund 40 Millionen Euro. Das strukturierte Garantie-Produkt "Premium Edition 168" mit zwölf Jahren Laufzeit ist ein Mix aus einer fix verzinsten Lehman-Anleihe (80 Prozent) und Aktien (20 Prozent), die den Ertrag zusätzlich auffetten sollten. Alleiniger Emittent und Garantiegeber ist Lehman Brothers.
Die Anleihe als Kern des Produkts sei "noch werthaltig", versichert Andreas Haschka, der im Vorstand der Generali Österreich für Finanzen zuständig ist. Zumal Lehman derzeit unter Gläubigerschutz nach amerikanischem Insolvenzrecht stehe - und nicht in Konkurs sei. Der Wert des Bonds liege freilich deutlich unter dem Nominale und bewege sich aktuell zwischen 40 und 80 Prozent, räumt Haschka ein.
Die Generali selbst hält nach eigenen Angaben keine Wertpapiere von Häusern, die derzeit wegen der Finanzkrise wackeln. Cirinà: "Wir haben uns stets ausschließlich auf das Versicherungsgeschäft konzentriert - und fahren gut damit." Der nun insolvente US-Versicherungsriese AIG etwa sei nur wegen seiner Finanzabteilungen wie ein Kartenhaus zusammengekracht, sein Geschäft als Versicherer sei aber "kerngesund". Für den Generali-Konzern bietet sich daher durch den jetzigen AIG-Notverkauf eine günstige Gelegenheit, das eine oder andere Filetstück zu ergattern. Wie Cirinà denn auch bestätigt, ist die Triestiner Mutter an Teilen der AIG-Gruppe durchaus interessiert.
Mehr Prämie und Gewinn
Von den Auswirkungen der globalen Finanzkrise hat die Generali Österreich im ersten Halbjahr offenbar kaum etwas zu spüren zu bekommen. So wuchs das Prämienaufkommen um 4,7 Prozent auf 1,23 Milliarden Euro, wobei alle Versicherungssparten außer Kfz zulegen konnten. Unterm Strich verblieb nach den ersten sechs Monaten ein um fast zehn Prozent höherer Gewinn von 67,9 Millionen. "Dieser Trend setzt sich auch im zweiten Halbjahr fort", berichtet Haschka. "Wir werden unsere Planzahlen bis zum Jahresende sicher erreichen."
Nicht zuletzt aufgrund des verschärften Wettbewerbs werde der Druck auf die Gesamtergebnisse der heimischen Versicherer künftig jedoch zunehmen - und "alle zwingen, auf ihr technisches Ergebnis aufzupassen". Cirinà rechnet mit einer "Verhärtung" des Marktes: "Daher wird sich irgendwann auch die Frage höherer Prämien stellen." Den Anfang würde die Branche da wohl im Industriebereich machen.
Nach wie vor Verluste schreibt die Generali Österreich mit ihrer Bank, die vor fast sechs Jahren gegründet wurde, um Kapital aus abreifenden Lebensversicherungsverträgen aufzugreifen. Ihr Geschäftsvolumen hingegen konnte die Generali Bank im ersten Halbjahr weiter steigern - auf erstmals mehr als eine Milliarde Euro. Der Sparbereich wuchs um gut ein Viertel, die Finanzierungen stiegen um 13 Prozent. Bei der Zahl der Kunden konnte die hauseigene Bank seit Jahresbeginn von 47.000 auf 55.000 zulegen.
Wachstumstreiber für das Geschäft mit Lebensversicherungen war im Halbjahr vor allem die im Vorjahr mehrheitlich übernommene Bawag PSK Versicherung, die mit 13.400 Neuverträgen um 15 Prozent mehr Polizzen absetzen und ihr Prämienvolumen damit auf 101,2 Millionen Euro steigern konnte. Insgesamt erhöhten sich für die Generali Österreich die Einnahmen in der Lebensversicherung um 13,7 Prozent auf 393 Millionen.
In der Sparte Leben erwartet sich Finanzvorstand Haschka aufgrund der jüngsten Kursstürze an den Börsen künftig ein geändertes Anlageverhalten bei den Kunden. Viele seien derzeit stark verunsichert. "Die klassische Lebensversicherung erlebt sicher eine Renaissance", ist Haschka überzeugt. Sie werde sich Terrain von der bis vor kurzem noch boomenden fondsgebundenen Lebensversicherung zurückholen.
"Werden den Druck erhöhen"
So wie andere heimische Assekuranzen tritt auch die Generali Österreich für eine Pflichtversicherung gegen Naturkatastrophen ein, die als Folge der Klimaänderung tendenziell zunehmen würden. "Wir wollen nicht auf ein nächstes Hochwasser wie 2002 warten und werden den Druck erhöhen", so Vorstand Walter Kupec. Ziel sollte ein Versicherungspool mit rund drei Milliarden Euro Deckungsstock sein, um künftige Mega-Schäden finanziell bewältigen zu können. Daran sollten Erstversicherer, Rückversicherer und der Staat beteiligt sein.