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Morgen, Donnerstag, werden die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel versuchen, die EU-Verfassung zu retten. Es zeichnet sich ab, dass die anvisierte Frist bis Ende 2006 für die Ratifizierung in allen EU-Staaten nicht einzuhalten ist. Für eine formelle Pause dürfte es jedoch keine Mehrheit geben.
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Ein Festhalten am 1. Jänner 2007 für den Start der EU-Verfassung scheint nicht mehr realistisch. Dass der Luxemburger Ratsvorsitz sein für 10. Juli angesetztes Referendum noch absagt, halten Diplomaten jedoch für unwahrscheinlich. Premier Jean-Claude Juncker hat schließlich sein politisches Schicksal mit dem Votum verknüpft. Erwartet wird daher von den EU-Regierungen eine offene Formulierung mit Spielraum für die Mitgliedsstaaten. Jenen 13 Ländern, die den Ratifizierungsschritt noch nicht gemacht haben, müsse die Möglichkeit gegen werden, selbst zu entscheiden, heißt es in Brüssel.
Am Dienstag rückten Frankreich und Deutschland von ihrem entschiedenen Einsatz für eine ungebrochene Fortführung des Ratifizierungsprozesses ab. Der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy erklärte, es liege nach dem Nein der Franzosen nun nicht an Paris, den anderen Mitgliedsstaaten den Weg zu weisen. Für einen flexiblen weiteren Ratifizierungsprozess will denn auch die deutsche Regierung eintreten. Es gehe letztlich um nationale Entscheidungen, sagte der deutsche Außenminister Joschka Fischer. Ähnlich äußerte sich Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.
So könnten weitere Regierungen die Abstimmungen aussetzen. Denn die Umfragen in den anstehenden Referendumsländern sprechen eine deutliche Sprache: In Großbritannien, Dänemark, Tschechien und Irland nehmen die Verfassungsgegner überhand. Die Briten haben ihre Befragung bereits auf Eis gelegt, Dänemark erwägt einen ähnlichen Schritt. Nach dem tschechischen Premier Jiri Jaroubek trat gestern auch der schwedische Regierungschef Göran Persson für eine längere Ratifizierungsfrist ein. "Dass der Vertrag bis 2006 ratifiziert werden kann, ist fast ausgeschlossen", sagte er.
Ein Passus des Textes klärt das Vorgehen bei einer Ausdehnung der Ratifizierungsfrist: "Am ersten Tag des zweiten Monats nach Hinterlegung der letzten Ratifizierung" soll das Dokument in Kraft treten, erläutert ein Diplomat.