Heuer winkt das fünfte zweistellige Wachstum in Folge. | Chinesen weiter im Aktienfieber. | Peking/Wien. China ist auf gutem Weg, noch in diesem Jahr Deutschland als drittstärkste Volkswirtschaft der Welt abzulösen. Unverdrossen brummt der Konjunkturmotor: Heuer winkt der boomenden Wirtschaft Chinas das bereits fünfte zweistellige Wachstum in Folge. Aktuell rechnet die chinesische Zentralbank mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 11,7 Prozent. Das wäre die höchste Wachstumsrate seit 1994.
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In den letzten 25 Jahren hat die Wirtschaft im Reich der Mitte um durchschnittlich 9,6 Prozent pro Jahr zugelegt. Generell gehen Experten davon aus, dass das rasante Wachstum auch in den kommenden zehn Jahren anhält - mit jährlichen Raten von neun Prozent.
Investitionen, Handel und Konsum laufen in China auf Hochtouren. Damit die Wirtschaft nicht überhitzt, werde die Notenbank ihre Politik moderater Zinserhöhungen auch künftig fortsetzen, sagte Lida Liu, einer ihrer Repräsentanten, vor österreichischen Journalisten in einem - von Pioneer Investments Austria in Peking veranstalteten - Fondsseminar. Bisher ist es Chinas Nationalbank allerdings nicht gelungen, den ständigen Inflationsdruck zu mindern. Aus heutiger Sicht wird die Teuerungsrate im heurigen Jahr bei 4,6 Prozent liegen - und damit deutlich über dem Regierungsziel von drei Prozent. Für 2008 prognostizieren Analysten sogar einen Anstieg auf fünf Prozent. Neben höheren Arbeitskosten und Rohstoffpreisen lassen vor allem steigende Lebensmittelpreise die Inflationsspirale immer schneller drehen.
Sommerolympiade 2008
Angelo Corbetta, der bei der international tätigen Pioneer Investments als Chef-Fondsmanager für Asien zuständig ist, vergleicht die chinesische Wirtschaft von heute mit der Japans vor 40 bis 50 Jahren. "China hat das Zeug, den Amerikanern eines Tages ernsthaft Paroli bieten zu können."
Indessen werden die konjunkturellen Impulse durch die in Peking stattfindende Sommerolympiade 2008 für die chinesische Gesamtwirtschaft nach Meinung Corbettas vielfach überschätzt. Peking stehe mit 13 Millionen Einwohnern nur für ein Prozent der Gesamtbevölkerung (1,3 Milliarden) und als Wirtschaftsmetropole lediglich für rund vier Prozent des BIP, so der Fondsmanager zu den Gründen.
Für das sportliche Großereignis laufen bereits seit längerem umfassende Vorbereitungen. Binnen weniger Wochen werden in Chinas Hauptstadt fortwährend neben riesigen Stadien ganze Stadtteile und Verkehrswege neu aus dem Boden gestampft.
Dass der Wohlstand in Peking wie in vielen anderen chinesischen Mega-Städten zuletzt deutlich zugenommen hat, zeigt sich ausländischen Touristen schon allein dadurch, dass das Auto das Fahrrad, das lange Zeit das beliebteste Fortbewegungsmittel für die Chinesen war, mehr und mehr in den Hintergrund drängt. Ohnel neue Konzepte droht Peking angesichts der steigenden Flut an Autos inzwischen ein Verkehrsinfarkt.
Sagenhafter Aktienboom
Nichts verdeutlicht jedoch den raschen ökonomischen Aufstieg Chinas so sehr wie die Performance seiner Aktienbörsen. In nur wenigen Jahren haben sich die Index-Stände in einem atemberaubenden Tempo vervielfacht. Allein im abgelaufenen dritten Quartal hat etwa der Shanghai Composite Index, völlig unbeeindruckt von der Immobilien-Finanzkrise auf den globalen Aktienmärkten, um knapp die Hälfte zugelegt. Der Hang Seng in Hongkong schaffte immerhin ein Plus von fast 25 Prozent. Zuletzt haben vor allem die gigantischen Emissionen von China Construction Bank, China Shenhua Energy und China Oilfield Services für ein Kursfeuerwerk an den chinesischen Börseplätzen gesorgt. Der September war ein Ausnahmemonat für Börsegänge, insgesamt 20 Mrd. Dollar haben Unternehmen dabei eingesammelt.
"Natürlich baut sich da eine Blase auf", sagt Volker Steinberger, der für Pioneer Investments Austria Fonds managt. "Aber die enorme Liquidität sollte weiter für gute Performance sorgen."
Vergangenen Samstag ist Chinas schon jetzt gefürchteter Staatsfonds mit einem Kapital von 200 Mrd. Dollar offiziell an den Start gegangen. Die Währungsreserven des Landes, die größten der Welt, sind dank des Exportbooms mittlerweile bei gut 1400 Mrd. Dollar. Sie sollen künftig zum Teil wesentlich aktiver angelegt werden. Im Ausland hat das Sorgen genährt, China könnte nun in großem Stil wichtige Industrien übernehmen.