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Aufgerundete 0,5 Prozent der deutschen Wahlberechtigten haben im kleinsten Bundesland Deutschlands das 17. Nachkriegsparlament, die "Bremische Bürgerschaft", gewählt. Mit einem Minus von 5,5 Prozent und der geringsten Mandatszahl seit dem Zweiten Weltkrieg wertet SPD-Chef Kurt Beck das Ergebnis dennoch als Bestätigung seines Kurses auf Bundesebene.
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Woher die große Aufmerksamkeit für ein eher untergeordnetes lokales Ereignis? Nun, die Bremen-Wahl ist heuer die einzige Landtagswahl. In Ermangelung eines repräsentativen "Barometers" stürzen sich die deutschen Kommentatoren halt auf Brosamen.
Das Einzige, was die SPD gewonnen hat, ist die Wahlmöglichkeit zwischen der seit zwölf Jahren herrschenden Großen Koalition und einer rot-grünen Alternative, die mit dem besten jemals erreichten Ergebnis der Grünen möglich wurde. Von einer bundespolitischen Signalwirkung zu sprechen ist übertrieben, wenngleich ein Bruch der Partnerschaft mit der Bremen-CDU auch auf Bundesebene als Nadelstich empfunden werden würde.
Andererseits könnte ein Koalitionswechsel an der Weser die unruhig gewordene Linke in der SPD befrieden. Andrea Nahles, linke Exponentin im SPD-Bundesvorstand, forderte am Montag bereits den Wechsel zu Rot-Grün. In der SPD geht nämlich die Angst vor der Linken Oskar Lafontaines um, die nicht ganz unberechtigt ist, denn Bremen ist das erste westdeutsche Bundesland, in welchem die fusionierte Linke - auf Anhieb - in ein Landesparlament einziehen wird.
Auch die FDP kann zufrieden lächeln, hat sie doch in beiden Wahlbereichen - Bremen und Bremerhaven - locker die Fünf-Prozent-Hürde genommen. Und selbst die rechtsradikale DVU darf erneut einen Abgeordneten stellen.
Verlierer könnte die Bremische CDU sein, die die Regierungsbeteiligung verspielen könnte, obwohl sie prozentuell weniger eingebüßt hat als ihr Seniorpartner. Die eventuelle Verschiebung der drei Bremer Bundesratsmandate hingegen bliebe für die Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer irrelevant.
Bleibt die Frage nach den Grünen für die Wahlentscheidung der Bürger. Sie sind vor allem in den Spitzenkandidaten zu suchen: Auch wenn der amtierende Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) nicht ganz so glänzend abgeschnitten hat wie sein populärer Vorgänger Henning Scherf (SPD), konnte er sich doch gegenüber seinem noch jungen und etwas trockenen Herausforderer von der CDU, Thomas Röwekamp, behaupten.
Im Gegensatz zur veröffentlichten Meinung ist die Zufriedenheit mit der seit nunmehr zwölf Jahren regierenden Großen Koalition nach wie vor respektabel (51 pro, 32 kontra), während eine rot-grüne Alternative mit 37:47 deutlich abgelehnt wird. Bundespolitische Erwägungen hingegen scheinen praktisch keine Rolle gespielt zu haben, nur von den Arbeitslosen hat mehr als jeder Fünfte die Linke gewählt (21 Prozent).