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Ein Russlanddeutscher reformiert die Sberbank

Von WZ-Korrespondent Axel Eichholz

Wirtschaft

Expansion außerhalb Russlands mit einer Reihe von Zukäufen vorangetrieben.


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Moskau. Herman Gref steht seit 2007 der stark aufstrebenden russischen Sberbank vor. Der Russlanddeutsche versucht vor allem, ihr ein neues, moderneres Gesicht zu geben und im Ausland zu expandieren. Sein jüngster Coup war vor wenigen Wochen der Kauf der ÖVAG-Osteuropasparte Volksbank International. Allerdings: Ihre Erfolge verdankt die Sberbank weniger Gref als der Tradition.

"Bewahrt euer Geld in der Sparkasse auf", lautete in der Sowjetzeit ihr Werbespruch. Der prangte über jedem höheren Gebäude in Moskau und wirkte idiotisch, weil die einzige Konkurrenz der staatlichen Sberbank Strumpfhose hieß. Der Werbeslogan war indes keine Erfindung der Sowjetführung. Als die Sberbank vor 150 Jahren auf Weisung des damaligen Zaren gegründet wurde, sollten damit die Russen animiert werden, in den sprichwörtlichen Sparstrumpf zu greifen und ihr erstes Bankkonto anzulegen.

Danach schossen Privatbanken wie Pilze aus dem Boden, um im Revolutionsjahr 1917 wieder von der Bildfläche zu verschwinden. Jahrzehntelang gab es für Normalbürger deshalb faktisch nur die Sberbank. Erst nach der Wende von 1991 verlor sie wieder ihr Monopol. Kunden liefen zu den neuen Privatbanken über. Trotzdem blieb die Sberbank die größte russische Privatkundenbank, und das bis heute. Besonders Pensionisten sind gewohnt, ihre Renten monatlich bei der "Sparbank" abzuholen.

Elefanten Tanzen beibringen

Im September 2007 trat das Kabinett des Regierungschefs Michail Fradkow vollzählig zurück. Wirtschaftsminister Gref wurde vom neuen Ministerpräsidenten Viktor Subkow nicht übernommen. Es war keine Degradierung, sondern eine Spezialaufgabe des Präsidenten Wladimir Putin. Gref sollte als neuer Sberbank-Chef "dem Elefanten das Tanzen beibringen".

Bei der mehrheitlich staatlichen Sberbank ließ der einstige Minister als Erstes die Mittagspause abschaffen. Bis dahin hatten alle Filialen der Bank von 14 bis 15 Uhr zum Ärger der Kunden, die ihre Mittagspause nutzen wollten, um private Rechnungen zu begleichen, landesweit geschlossen. Eine echte Sorge waren zunächst auch die hohen Personalkosten. Deshalb ließ Gref Kartenautomaten in jeder Sberbank-Filiale und in den umliegenden Geschäften aufstellen. Alte Damen und Herren murrten anfangs, stellten aber fest, dass beim Karteneinsatz die leidigen drei Prozent Zinsen wegfielen. So lernten sie mit der neuen Technik umgehen.

Die Sberbank expandiert aber auch. Zum Jahreswechsel kaufte sie die Investmentbank Troika Dialog und kurz darauf die Schweizer Handelsbank SLB, dann folgte die Volksbank International. Derzeit ist die Sberbank auf sieben Märkten außerhalb der früheren Sowjetunion flächendeckend präsent. Außerdem steigt sie ins Autogeschäft ein. Zuletzt gründete sie mit Fiat ein Joint-Venture in zwei russischen Werken.