Um starke Sprüche waren die Politiker im abgelaufenen Jahr selten verlegen. Einer hat das Zeug, in Erinnerung zu bleiben.
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Nicht, dass es den Bürgern viel besser gegangen wäre, aber 2015 war durchaus ein hartes Jahr für die Politik. Die Flüchtlingskrise hat dafür gesorgt, dass Bund, Länder und Gemeinden einem Belastungstest unter permanenten Ausnahmebedingungen ausgesetzt waren. Etwas Vergleichbares hat es in den letzten Jahrzehnten in diesem Land nicht gegeben. Keine Gemeinde und kein Bundesland konnte sich den Folgen dieser Krise entziehen -wer es trotzdem versucht, wird neuerdings unfreiwillig eingebunden.
Das war insbesondere für die Länder eine neue Erfahrung. Und diesbezüglich hat Finanzminister Hans Jörg Schelling mit einem Satz ein neues Kapitel im Nachkriegsösterreich aufgeschlagen: Der Bund hafte nicht für die Kärntner Landeshaftungen, erklärte Schelling. Der Satz war so unglaublich, dass ihn der Finanzminister im Verlauf des Jahres gleich mehrmals wiederholen musste, bis er bei den Adressaten auch wirklich angekommen war. Und gut möglich, dass es auch heute noch einige gibt, die ganz pragmatische Zweifel an der politisch-praktischen Umsetzbarkeit dieser Behauptung hegen.
In welcher Pflicht die Steuerzahler der Republik am Ende tatsächlich stehen, wird sich tatsächlich erst zeigen, wenn der Ernstfall eintritt. Bis dahin gilt aber nun einmal das gesprochene Wort des Finanzministers.
Gut möglich, dass diese -vorerst allerdings eben nur behauptete - Verbannung der Bundesländer aus dem finanzpolitischen Paradies der impliziten Bundeshaftung von späteren Generationen als entscheidender Wendepunkt in der unselig dysfunktionalen Beziehung zwischen den Gebietskörperschaften gedeutet werden wird. Der - zugegeben ebenfalls bemerkenswerte - Satz "bei Philippi sehen wir uns wieder", den Niederösterreichs Finanzreferent Wolfgang Sobotka dem Finanzminister wutentbrannt im erweiterten Zusammenhang entgegenschleuderte, unterstreicht nur, dass die Länder ziemlich rasch verstanden haben, was ihre Entlassung in die volle finanzpolitische Mündigkeit bedeuten könnte.
Dass es sich bei Schelling und Sobotka um zwei Parteifreunde handelt - geschenkt. Parteiloyalitäten haben noch nie eine tragende Rolle gespielt, wenn es in der Vergangenheit um Interessensgegensätze zwischen Bund und Ländern gegangen ist. Das wird auch in Zukunft so bleiben.
Was bleibt sonst noch vom aufregenden Jahr 2015 in Erinnerung?
Zweifellos der Umstand, dass der scheidende steirische SPÖ-Chef Franz Voves seiner eigenen Partei mehr misstraute als seinem schwarzen Kompagnon Hermann Schützenhöfer, weshalb nun in Graz die Nummer zwei in einer Koalition mit der Nummer eins den Landeshauptmann stellt.
Weniger Mut zur Selbstverleugnung brachten die burgenländischen Sozialdemokraten auf, denen die Abneigung gegen die pannonischen Schwarzen deutlich wichtiger war als das per Parteitagsbeschluss vereinbarte Tabu einer rot-blauen Koalition. Schwarz-Blau in Oberösterreich hat dagegen nur kleine Wellen geschlagen. Und dann wäre da noch der fortgesetzte Selbstauflösungsprozess der Wiener ÖVP.