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Ein sauberer Strand ist am wichtigsten

Von Hans-Paul Nosko

Wirtschaft

Sozial verantwortungsvolles Reisen sei hierzulande kein Thema, sagt Rudolf Tucek, Generaldirektor des Österreichischen Verkehrsbüros. Speziell beim Thema "Sextourismus" hätten Reisebüros und Reiseveranstalter Hemmungen, gegenüber Männern mit eindeutigen Urlaubszielen aufklärerisch zu wirken: Das stehe der Idee von Urlaub entgegen.


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"Da ist alles noch so wie vor 20 Jahren", urteilt Verkehrsbüro-Chef Rudolf Tucek über den Zugang der Österreicher zu sozial verantwortungsvollem Reisen. "Das Zimmer muss sauber sein, das Meer auch." Wie es sonst am Urlaubsort zugehe und aussehe, interessiere den österreichischen Feriengast im Allgemeinen nicht.

Die Urlaubsländer investierten dementsprechend in einen appetitlichen Strand, an dem keine Ölklumpen oder grausliche Algen angeschwemmt werden. Heikle Fragen wie Arbeitsbedingungen der Angestellten oder ökologische Belange stünden nach wie vor im Hintergrund.

Am heikelsten wird es, wenn Themen wie "Sextourismus" oder gar "Kinderprostitution" zur Sprache kommen. Tucek: "Die Reisebüros bieten entsprechendes Informationsmaterial nicht mit Druck an."

Da hat er recht. Wie eine testweise Erkundigung in drei großen Reisebüros ergab - eines darunter eine Filale des Verkehrsbüros -, erhält ein Mann bei Erkundigungen nach einem Arrangement für zwei Wochen Thailand genaue Auskunft über Hotelkategorien, Preise, und Flugzeiten sowie die entsprechenden Prospekte. Einzig der Katalog des Veranstalters Jumbo Tours enthält prominent platziert Informationen über die sexuelle Ausbeutung von Kindern, die anderen Veranstalter haben derartige Hinweise - noch - nicht in ihre Kataloge aufgenommen.

Zwar gibt es laut Verkehrsbüro-Chef Tucek ein "Interesse der Veranstalter, dass der Kunde derartige Informationen sieht" - diesem Interesse steht jedoch der ökonomische Aspekt diametral gegenüber. Tucek: "Wir haben Verkaufsinteressen und machen uns nicht mehr Probleme als wir lösen können."

Tucek versetzt sich in die Lage des Urlaubers: "Der will weg von den Problemen, die er hier vielleicht hat." Da sei es schwierig, den Reisenden mit Problemen am Urlaubsort zu konfrontieren. Die Verantwortung für sexuelle Ausbeutung müssten die jeweiligen Länder selbst übernehmen, son Tucek. "Der Reisende sagt sich: Wenn es das Land selbst nicht einmal schafft, Ordnung zu halten, warum soll ich mich darum kümmern?"

In der Tat kann es für einen, wenn auch gut geschulten, Reisebüromitarbeiter nicht leicht sein, einen männlichen Thailandreisenden in spe auf seine Absichten am Urlaubsort anzusprechen. Und woran sollte man derartige Absichten auch am besten erkennen? "Unsere Mitarbeiter können nicht schauen, ob einer, der sich nach einer Thailandreise erkundigt, vielleicht auch noch das Hosentürl offen hat", formuliert Tucek prägnant.

Ein Problembewusstsein für soziale Misstände in Ländern der Dritten Welt müsse langsam und behutsam aufgebaut werden. "Das dient der Sache mehr als klassenkämpferische Parolen", so Tucek.

Hier Aufklärung zu betreiben, sei in erster Linie Sache der Medien, meint der Verkehrsbüro-Chef. Diese müssten mit entsprechenden Artikeln Breitenwirkung entfalten: "Den Reisebüro-Mitarbeitern kann man das nicht aufbürden."