Zum Hauptinhalt springen

Ein schäbiger Plan

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Es gibt zwar nach den vielen Toten im Mittelmeer noch keine EU-Strategie, wohin mit den Flüchtlingen. Dafür will sich die Europäische Union aber von den Vereinten Nationen grünes Licht für eine Militäraktion gegen Schlepper geben lassen. Der Widerstand Russlands macht eine rasche Einigung im UN-Sicherheitsrat eher unwahrscheinlich, doch insgesamt ist die Reihenfolge des Plans schäbig.

Denn er missachtet nicht nur Menschenrechte, sondern auch unangenehme politische Wahrheiten. Vor allem aus Libyen starten viele Schlepperbanden ihre morschen Boote Richtung Europa. Im als Staat zerstörten Libyen gibt es keine Ordnung mehr, das perfekte Umfeld also für Gaunerbanden jeglicher Provenienz.

Am gegenwärtigen Zustand Libyens trägt Frankreich allerdings ein gerüttelt Maß an Verantwortung. Präsident Nicolas Sarkozy begann seinerzeit mit der Bombardierung, um Muammar al-Gaddafi auszuschalten. Das gelang, allerdings gab es nie dieselbe Unterstützung für den Aufbau einer neuen zivilen Ordnung - mit dem Effekt, dass heute alle möglichen Terrorgruppen in Afrika auf Waffenbestände früherer Garden zurückgreifen und immer neue Flüchtlingsströme auslösen. Auch in Syrien hat sich die EU-Außenpolitik nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Europa sollte daher zuerst intern die menschenwürdige Unterbringung dieser Flüchtlinge regeln und sich danach überlegen, was wohl in Afrika (und in Syrien) zu tun sei. Der Austausch von Geheimdienstinformationen ist sicher ein richtiger Schritt, möglicherweise auch bewaffnete Aktionen gegen Schlepperbanden in Afrika. Aber was soll eine Militäraktion im Mittelmeer bringen? Flüchtlingsboote zu beschießen, fällt ja wohl als Möglichkeit aus. Künftig könnten also Kampfschiffe die Flüchtlinge aufnehmen und in sichere Häfen Europas bringen. Dass es dafür Seestreitkräfte braucht, sei dahingestellt.

Bleibt als dritte Möglichkeit, dass der Einsatz von Militär seitens der EU abschreckende Wirkung hat. Auch das ist angesichts der Skrupellosigkeit mancher Schlepper mehr als ungewiss.

Die vierte Möglichkeit lautet, dass die EU in puren politischen Aktionismus verfällt, weil sie weiß, dass eine Quoten-Regelung für Flüchtlinge im Rat schwer bis kaum durchzubringen ist. Dann würden jene, die aus ihren Ländern flüchten müssen, die Zeche für ein unfähiges Europa noch einmal zahlen müssen.