Berlusconi-Zeitung wirft Finis Familie Immobiliendeal vor. | Skandal um Geheimloge bringt weiteren Staats sekretär ins Wanken. | Wien/Rom. Der Machtkampf zwischen Italiens Premierminister Silvio Berlusconi und Parlamentspräsident Gianfranco Fini geht einem neuen Höhepunkt entgegen. Berlusconi scheint zum endgültigen Bruch entschlossen zu sein, nachdem Fini und seine Anhänger klare Konsequenzen aus den jüngsten Korruptionsaffären im Regierungslager gefordert haben. | In der Opposition bahnt sich Kampf um künftigen Spitzenkandidaten an
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Einen Vorgeschmack auf den kommenden schmutzigen Scheidungskrieg gab am Mittwoch bereits die Berlusconi-Zeitung "Il Giornale", wo die ganze Titelseite einem Immobiliendeal gewidmet war, in den Finis Schwager involviert ist.
Ermittlungen gegen Justiz-Staatssekretär
Nachdem die römische Staatsanwaltschaft nun auch gegen Justizstaatssekretär Giacomo Caliendo Ermittlungen eingeleitet hat - er wird beschuldigt, Mitglied eines als P3 bezeichneten geheimen Politkartells zu sein, das illegal Einfluss auf Politik, Justiz und Auftragsvergaben nahm -, stehen in der Regierung Berlusconi alle Zeichen auf Alarm. Berlusconi ist aber fest entschlossen, nicht auch noch den Rücktritt Caliendos zuzulassen, nachdem ihm in den letzten Monaten die Minister Claudio Scajola und Aldo Brancher, sowie die Staatssekretäre Guido Bertolaso und Nicola Cosentino wegen Korruptionsaffären und Problemen mit der Justiz abhanden gekommen sind.
Dazu kommen die Probleme rund um den wegen Mafia-Kontakten vor kurzem in der Berufungsinstanz zu sieben Jahren Haft verurteilten PdL-Senator Marcello DellUtri, einen der engsten Berlusconi-Vertrauten und um den nationalen PdL-Koordinator Denis Verdini, denen man führende Rollen in der P3-Affäre vorwirft.
"Die Situation ist sehr schlimm, schlimmer als zu Tangentopoli-Zeiten" meint Kulturminister Sandro Bondi, ein enger Berlusconi-Vertrauter, und bezieht sich damit auf die Korruptionsaffären Anfang der Neunziger-Jahre, die zum Zusammenbruch des damaligen politischen Systems geführt haben.
Fini wehrt sich gegen Parteiaustritt
Gut ein Jahr nach der Gründung der Regierungspartei Popolo della Liberta (PdL - Volk der Freiheit), in der Berlusconis frühere Partei Forza Italia und Finis Alleanza Nazionale neben neun kleineren Gruppen im März 2009 aufgegangen sind, kracht es an allen Ecken und Enden. Das Berlusconi-Lager überlegt, wie es Fini und dessen Anhänger los wird, Fini ist aber entschlossen, in der Partei zu bleiben und auch sein Amt als Parlamentspräsident nicht aufzugeben.
Berlusconi jedenfalls hat Abgeordneten gegenüber schon angedeutet, dass es nach Verabschiedung des Sparprogramms und der Universitätsreform zu "einem Feuerwerk" kommen werde. Es wird darüber spekuliert, dass die Fraktionsführer von PdL und Lega Nord die Präsidialkonferenz der Fraktionschef verlassen könnten, um Fini zum Rücktritt zu zwingen.
In der PdL liegen unterdessen die Nerven blank. In den letzten Tagen hatten sich führende PdL-Politiker bereits auf den sizilianischen Abgeordneten Fabio Granata eingeschossen und dabei Fini gemeint. Granata hatte sein Unbehagen über die Verwicklung von PdL-Politikern in die jüngsten Affären geäußert und deren Rücktritt verlangt. "Wer uns attackiert, soll aus der Partei austreten oder ausgeschlossen werden", meinte daraufhin der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses Maurizio Lupi am Wochenende bei einem Parteitreffen in Orvieto.
Berlusconis nationaler Parteikoordinator Denis Verdini griff in einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag Fini wegen dessen Rücktrittsaufforderung an. Verdini sprach von einer "hässlichen Aufforderung", die während seiner Einvernahme gemacht wurde, ohne den Ausgang abzuwarten. Er warf dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses vor, ihn nicht geschützt zu haben.
Verdächtige wissen nichts oder schweigen
Im Übrigen wies Verdini, dem vorgeworfen wurde, Schmiergelder von dem in der Zwischenzeit inhaftierten Geschäftsmann Flavio Carboni, der in zahlreiche dunkle Affären der letzten Jahrzehnte involviert war, entgegengenommen zu haben, jeden Verdacht von sich. Er habe auch nie einer Geheimorganisation angehört. Obwohl sich die Beschuldigten Carboni, DellUtri und Caliendo in seiner Wohnung getroffen hatten, sagte Verdini, er wisse nichts von der Existenz und den Zielen dieser Gruppe.
Am Dienstagnachmittag hatten die römischen Staatsanwälte Marcello DellUtri über die P3-Vorwürfe einvernommen. Dieser weigerte sich aber, die Fragen der Ermittler zu beantworten.