Zum Hauptinhalt springen

Ein Schlachtplan für Trump

Von Daniel Bischof und Michael Schmölzer

Politik

Trump und Clinton treten erneut zur TV-Konfrontation an. Der Republikaner liegt in den Umfragen hinten, er muss sich etwas überlegen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien/Washington. In vier Wochen wird in den USA ein neuer Präsident gewählt und die Spannung steigt. Nächster Höhepunkt im Rennen zwischen dem Republikaner Donald Trump und der Demokratin Hillary Clinton ist das TV-Duell in der Nacht auf Montag. Schauplatz des zweiten Aufeinandertreffens ist die Washington University in St. Louis. Die Debatte wird im Town-Hall-Format abgehalten. Das heißt, die Kandidaten können sitzen oder sich in der Arena frei bewegen. Das Publikum wird Fragen stellen, zwei prominente TV-Moderatoren leiten die Veranstaltung.

US-Kommentatoren weisen darauf hin, dass Trump stark unter Druck steht. Er muss punkten, wenn er im Rennen bleiben will. Schließlich hat er bei der ersten TV-Debatte einen schlechten Eindruck hinterlassen - und er ist auch diesmal im Nachteil. Das Town-Hall Format liegt Clinton, sie hat hier einiges an Erfahrungen gesammelt. Trump ist in der Defensive. Enthüllungen über eine jahrelange Nichtexistenz als Steuerzahler, vergangene Niederlagen im Casino-, Hotel- und Fluggeschäft haben dem Republikaner nicht geholfen. Dazu kommt ein Bericht der "Washington Post", Trump habe Stiftungsgelder für persönliche Zwecke missbraucht.

In der letzten TV-Debatte wirkte Trump fahrig, Clinton blieb ruhig, lachte bisweilen - was von ihren Gegnern als Überheblichkeit ausgelegt wurde. Die Demokratin griff erfolgreich das Ego Trumps an. Der reagierte ungeschickt, unterbracht Clinton ständig, wurde beleidigend.

"Ich kann noch fieser sein"

Interessant wird zu beobachten sein, wie der Schlachtplan Trumps aussieht. Der Tycoon hat schon im Vorfeld der TV-Debatte einen Gang zugelegt, er verstärkte seine Attacken auf die Widersacherin. So machte er sich über Clintons kurzzeitige Erkrankung lustig. "Sie kann noch nicht einmal fünf Meter zu ihrem Wagen gehen", spottete der Rechtspopulist und machte dabei Clintons stolpernde Bewegungen nach, als sie unter einer Lungenentzündung litt. Clinton sei außerdem mit "dem schlimmsten Missbrauchstäter" in der Geschichte der Politik verheiratet, so Trump in einem Interview mit der "New York Times". Und: "Sie ist fies, aber ich kann noch fieser sein."

Clinton liegt im Schnitt aller Erhebungen vier Prozentpunkte voran. Dass Trumps eigener Vizekandidat, Mike Pence, im TV-Duell gegen den Demokraten Tim Kaine überzeugte, erhöht den Druck auf den 70-Jährigen. Pence zeigte all jene Eigenschaften, die Trump bisher vermissen lässt: Er war staatsmännisch, verteidigte republikanische Kernanliegen. Trump könnte jetzt versuchen, seinen "Running Mate" zu kopieren.

Hispanics für Clinton

Klar ist: Der Kandidat, der die relevanten Bevölkerungsgruppen auf seine Seite zieht, wird am 8. November den Sieg davontragen. Clinton und Trump sprechen völlig unterschiedliche ethnische Gruppen an - das trat schon im Juli bei den jeweiligen Parteitagen klar zutage. Bei der republikanischen Konvention in Cleveland sah man ein weitgehend homogenes Auditorium. Es setzte sich überwiegend aus Weißen mittleren und höheren Alters zusammen. Bei den Demokraten in Philadelphia ging es heterogener zu: Schwarzafrikaner, Latinos und andere Minderheiten waren deutlich stärker vertreten. Sie machen bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen laut dem renommierten "PewResearchCenter" bereits knapp 31 Prozent der Wahlberechtigten aus. Bei den Wahlen 2012 waren es noch 29 Prozent gewesen.

Besonders die Stimmen der Latinos werden bei dieser Wahl - speziell in den umkämpften Bundesstaaten - von Bedeutung sein: 27,3 Millionen sind laut "Pew" wahlberechtigt. Das ist ein neuer Rekord. In Florida etwa machen Latinos 18,1 Prozent aller Wahlberechtigten aus. Mit seinen 29 Wahlmännern ist der "Sunshine State" ein wahlentscheidender Bundesstaat. Aufgrund der Stimmen der in Florida stark vertretenen Kubaner - die eher konservativ wählen - hatten die Republikaner einst einen Vorteil. 2004 gewann George W. Bush in Florida, auch die Mehrheit der Hispanics-Stimmen dort ging an ihn.

Mittlerweile hat sich das Wahlverhalten geändert: 2006 waren laut "Pew" 370.000 Latinos als Demokraten, 414.000 als Republikaner registriert. 2016 sind es 678.000 Demokraten und 479.000 Republikaner. 2008 und 2012 siegte Obama in Florida - auch die Mehrheit der Latinos stimmte für ihn. Derzeit führt Clinton (44,8 Prozent) in Florida laut "RealClearPolitics" mit 2,4 Prozent vor Trump (42,4 Prozent). Während des Wahlkampfes verstörte Trump mit seinen Aussagen mehrfach die Latino-Gemeinschaft in den USA.

Moore glaubt an Trump-Sieg

Sämtliche Umfragen zeigen, dass Clinton bei den Hispanics eindeutig vorne liegt. Das könnte auch in anderen Staaten als Florida entscheidend sein: In Arizona liegt Trump nur mit wenigen Prozentpunkten vor Clinton. Dort stellen Latinos bereits 21,5 Prozent der Wahlberechtigten. In Nevada, wo Clinton knapp führt, machen sie 17,2 Prozent aus. Auch bei anderen Minderheiten liegt Clinton in Umfragen vorne: Sei es bei Schwarzafrikanern, Asiaten, Arabern oder Muslimen. In umkämpften Bundesstaaten könnte auch so manch unerwartete Gruppe mit ihren Stimmen das Zünglein an der Waage sein: Menschen mit arabischem Migrationshintergrund machen in Michigan laut dem "Arab American Institute" etwa fünf Prozent der Wähler aus. Diese Vorteile könnten für Clinton aber zu wenig sein, um die Wahl zu gewinnen. Es ist unklar, wie hoch die Wahlbeteiligung bei den Latinos und anderen Minderheiten tatsächlich sein wird. Das zeigt ein Blick auf Florida: Laut dem US-Magazin "Politico" befürchten Demokraten, dass die knapp 1,7 Millionen Schwarzafrikaner in Florida - sie machen etwa 13 Prozent der Wahlberechtigten aus - in zu geringer Anzahl wählen gehen. Der Grund: Viele seien zwar gegen Trump, aber auch nicht genügend von Clinton begeistert. Trump hingegen kann auf die Unterstützung von weißen, nicht-hispanischen Wählern setzen, die generell eine höhere Wahlbeteiligung aufweisen.

Diese Wählergruppe könnte ihm helfen, entscheidende Staaten des "Rust Belt" wie Ohio, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin zu gewinnen. Auch wenn es nach derzeitigen Umfragen nicht danach aussieht. Die vom Niedergang der Stahl- und Autoindustrie und der Finanzkrise stark in Mitleidenschaft gezogenen Staaten sind vielerorts Trump-Land. Einst waren sie gewerkschaftliche und demokratische Hochburgen, jetzt sind zahlreiche Menschen von Washington und der Politik schwer enttäuscht.

Für die "Insiderin" Clinton können sie sich nicht begeistern. In Trump würden die Enttäuschten einen erfrischenden Außenseiter sehen, der verspricht, die nach Mexiko und nach Asien ausgelagerten Jobs wieder in die USA zu holen, schreibt der Dokumentarfilmer Michael Moore in seinem Blog. Mit den Stimmen dieser Enttäuschten werde Trump den "Rust Belt" und damit die Wahl gewinnen, glaubt Moore.

Hacking durch Russland?

Unterdessen haben die USA Russlands Regierung vorgeworfen, mit Hackerangriffen Einfluss auf den Präsidentschaftswahlkampf zu nehmen. Das Heimatschutzministerium und das Büro des nationalen Geheimdienstdirektors veröffentlichten am Freitag eine entsprechende Erklärung. Man sei überzeugt, dass Russland hinter den Angriffen auf Computersysteme politischer Organisationen und Institutionen stehe.