)
Asylwerber fordern Recht auf Arbeit ein und Austausch der Dolmetscher.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Sie haben keine Namen und kein Gesicht. Und doch sind sie die Allgegenwärtigen in so vielen politischen Diskussionen, sie sind Argument für sicherheitspolitische Maßnahmen, für europarechtliche Debatten, und in jedem Wahlkampf wird mit ihnen agitiert - aber selten für sie. Die Asylwerber in Österreich sind eine anonyme Gruppe, die in ihren Rechten stark eingeschränkt ist. Asylwerber dürfen ihre Unterkunft maximal einen Tag verlassen, sie dürfen nicht arbeiten, und damit können sie nur schwer am sozialen Leben partizipieren.
Seit drei Tagen stehen im Wiener Votivpark zwei Dutzend Zelte. Flüchtlinge aus der übervollen Erstaufnahmestelle Traiskirchen haben hier am Samstag nach einem Fußmarsch nach Wien Quartier bezogen. Auch wenn sie ihre Namen nicht nennen, betont anonym bleiben wollen, geben sie der Gruppe der Asylsuchenden mit ihren Problemen und Schwierigkeiten ein Gesicht.
"We want our rights", schallt es in dem Gemeinschaftszelt, in dem ein paar Heizschwammerl für ein bisschen, aber zu wenig Wärme sorgen. "Wir lieben es nicht, hier zu sein", sagt einer der Anwesenden. Aber sie könnten nicht anders: "We want our rights."
"Wir frieren, wir leiden"
Die Protestaktion ist nicht von österreichischen Hilfsgruppen organisiert worden, auch wenn von ihnen nun Unterstützung kommt. Sie hat sich im Flüchtlingslager selbst formiert und wird von Asylsuchenden verschiedener Nationalitäten getragen.
In ihrer chaotischen, aber von großem Engagement und Spontaneität getragenen Organisation erinnert die Aktion an die Uni-Brennt-Proteste, die 2009 nur ein paar Schritte entfernt stattfanden. Es ist ein Aufmerksammachen, ein Aufschrei. "Wir frieren, wir leiden hier", sagt, ja, ruft einer.
Die zwei Kernforderungen sind das Recht auf Arbeit für Asylsuchende ("Wir wollen nicht vom Staat abhängig sein") sowie das Löschen von Fingerabdrücken im Fall eines negativen Bescheides, um in einem anderen Land erneut ein Ansuchen stellen zu können. Doch damit würde Österreich gegen geltendes EU-Recht (Dublin-Verordnung) verstoßen.
Einige der Flüchtlinge berichteten auch von den Zuständen in Traiskirchen, das seit Wochen mit rund doppelt so vielen Bewohnern als vorgesehen belegt ist. Kinder erhalten keinen Schulunterricht mehr, es sind zu viele Flüchtlinge auf zu wenig Raum, und es gibt großes Misstrauen in die Dolmetscher.
Ihnen kommt bei den Interviews der Geflüchteten eine wesentliche Aufgabe zu, denn nicht exakte Übersetzungen können für negative Bescheide sorgen. Und haben es auch bisweilen schon. Die Angst vor einem solchen Entscheid ist steter Begleiter von Asylwerbern, weshalb es durchaus nicht selbstverständlich ist, dass diese ihr Versammlungsrecht in Anspruch nehmen. "Man mag nichts Falsches tun, um das Verfahren nicht zu gefährden", erzählt einer. Immer strengere Hausregeln in Traiskirchen würden den Druck auf Bewohner noch zusätzlich erschweren. "Wir sind keine Tiere."
Weitere Aktionen geplant
Eine Forderung der Demonstranten betrifft auch das Essen in den Lagern. Das mag zwar ein verhältnismäßig kleines Problem darstellen, schließlich geht es für Asylsuchende in manchen Fällen faktisch um Leben oder Tod. Doch das Essen ist eben eines der vielen täglichen Probleme, mit denen die Asylwerber konfrontiert sind. Sie kommen aus Afrika oder Zentralasien und sind an österreichische Kost schlicht nicht gewöhnt.
Deshalb bleiben sie vorerst da, um zu informieren, um auf sich aufmerksam zu machen, um ihre Rechte einzufordern. Prominente werden eingeladen, weitere Protestaktionen sind geplant. In Sichtweite, an der Votivkirche, wirbt eine Firma für "Großartige Lösungen". Im Fall der Asylwerber sind die aber weit weg.