Zum Hauptinhalt springen

Ein Schritt in Richtung Mündigkeit

Von Peter Hajek

Politik

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Wahlkämpfe in Kärnten und Salzburg sind stark von der Frage geprägt, wer Landeshauptmann wird und wer mit wem koaliert. Ist das überhaupt die richtige Fragestellung im Wahlkampf?

In Österreich werden sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene keine Personen sondern Parteilisten gewählt. Diese wählen dann aus ihrer Mitte den Kanzler oder Landeshauptmann - in den meisten Fällen basierend auf einer Koalitionsvereinbarung von zwei oder mehr Parteien, sofern keine Partei eine absolute Mehrheit erreicht hat.

Zwei Problemfelder kristallisieren sich dabei heraus: Erstens, wissen die Wähler nie, welche Auswirkung ihre Stimme schlussendlich auf die Regierungszusammensetzung hat und zweitens, ist das System von checks and balance - also die Verhinderung von Machtkonzentration - nachhaltig gestört.

Sehen wir uns das auf Bundesebene genauer an: Bei der Nationalratswahl werden die Parteien gewählt, die sich dann in Koalitionsverhandlungen begeben. Eine Stimme z.B. für die ÖVP kann dann in eine schwarz-blaue oder eben auch in eine schwarz-grüne Regierung münden. Steht dann einmal eine Regierung, hat diese auch eine Mehrheit im Nationalrat. Und hier beginnt die Crux! Der Nationalrat sollte eigentlich die Regierung kontrollieren, es sollte zu einem politischen Wechselspiel kommen. In Österreich ist dies nicht möglich, hier geht nahezu jede Regierungsvorlage - wenn auch mit Abänderungen in den Ausschüssen - durch. Nun könnte man einwenden, es gibt ja noch die zweite Kammer, den Bundesrat. Dieser hat aber kein absolutes Vetorecht in Österreich, sondern nur die Möglichkeit eines Beharrungsbeschlusses, der dann aber vom Nationalrat leicht umgangen werden kann. Zudem wird der Bundesrat nicht gewählt, sonder aufgrund der Wahlergebnisse in den Bundesländern und unter Berücksichtigung der Bundesländergröße beschickt.

Wird diese Problematik diskutiert? Nein, es wird über die Abschaffung des Bundespräsidenten oder die Einschränkung seiner Rechte gesprochen. Sollte dies eintreten, wäre die letzte politische Kontrollinstanz der Regierung beseitigt.

Was wäre zu tun? Wir sollten uns hier ein Beispiel an den USA nehmen. Der Kanzler sollte direkt alle vier Jahre gewählt werden, der Bundespräsident wird abgeschafft. Der Nationalrat wird gleichzeitig auf vier Jahre wie bisher gewählt. Die Abgeordneten zum Bundesrat sollten mittels direkter, persönlicher Mehrheitswahl gewählt werden und jedes Bundesland gleich viel Abgeordnete stellen. Die Größe der Bundesländer kann man im Nationalrat abbilden.

Es ist mir durchaus bewusst, dass es sich dabei nur um eine erste Idee zu einer Wahlrechtsreform handeln kann. Das Parlament wäre aber keine Abstimmungsmaschinerie mehr. Das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier wäre freier, da sie nicht mehr befürchten müssten "ihre" Regierung auszuhebeln und auch der unerträgliche Klubzwang wäre zumindest nur mehr eingeschränkt anwendbar.

Wird man sich das trauen? Nein, lieber diskutiert man ein Minderheiten-freundliches Mehrheitswahlrecht, das wiederum viel Macht in einer Hand kumuliert. Was das bringen würde, zeigt gerade Kärnten. Dort gilt eine Stimme für die Grünen als verlorene Stimme. Demokratie sollte einfach und verständlich sein, die Stimmabgabe darf keine taktische Angelegenheit sein!

Mag. Peter Hajek ist Politologe im OGM Markt- und Meinungsforschungsinstitut