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Griechische Bauern blockieren seit Tagen die Grenzen - sie wollen mehr Geld und weniger Importe.
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Das erste Opfer war Zug 361. Er verlässt Sofia um sieben in der Früh und fährt kurz vor eins am Bahnhof in Thessaloniki ein. Normalerweise. Doch die letzten Tage waren nicht normal, und Zug 361 konnte nicht rollen. Denn Traktoren standen ihm im Weg.
Seit Tagen schon blockieren griechische Bauern Grenzübergänge zu Bulgarien. Mit hunderten Traktoren machten sie zunächst Straßen und danach auch Eisenbahnrouten unpassierbar - wie eben bei der Station Kulata-Promahom am südwestlichen Zipfel Bulgariens, auf der Strecke Sofia-Thessaloniki. Nur zeitweise werden Lkw durchgelassen, die anderen stecken in kilometerlangen Staus. Wegen der Verluste für die Wirtschaft hat die bulgarische Regierung schon Schadenersatz von Griechenland gefordert - in Höhe von zehn Millionen Euro.
Den wird Athen wohl kaum zahlen. Ebensowenig wie es die Wünsche der Bauern erfüllen wird. Die fordern nämlich Agrarsubventionen vom Staat. Ihre Gewerkschaft begründet dies damit, dass das Durchschnittseinkommen der Landwirte im letzten Jahrzehnt um rund ein Viertel gesunken ist.
Allerdings hat die griechische Regierung im Moment ganz andere Sorgen, auch wenn die ebenfalls mit Geld zusammenhängen. Immerhin wird das Land für 2009 ein Haushaltsdefizit von fast 13 Prozent ausweisen, und das ist viermal so viel, wie es sich die EU wünscht. Athen arbeitet bereits an einem strikten Sparprogramm für die kommenden Jahre; mehr Geld für die Bauern ist da nicht drin.
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Doch nicht nur das hat die Landwirte weg von ihren Weizen-, Mais- oder Baumwollfeldern auf die Straße gebracht. Sie protestieren auch gegen die Einfuhr von Waren, die preislich unter ihren eigenen liegen. Als Vorwurf schwingt mit, Bulgarien würde Etikettenschwindel betreiben. Es würde billigere Produkte aus dem Nicht-EU-Raum importieren und sie dann als Waren aus der EU deklarieren. So könnte etwa original türkischer Schafkäse umgepackt schnell zum original griechischen Schafkäse mutieren - und danach vielleicht auch noch von der EU gestützt werden.
Dabei finden die Bauern den Kampf um Subventionen schon so hart genug. Immerhin sind die Direktzahlungen, die aus Brüssel in den Agrarbereich fließen, der einzige Posten, der ausschließlich aus dem EU-Budget finanziert wird, wo also die Staaten nicht noch zusätzlich Geld hineinstecken. Für heuer sind mehr als 52 Milliarden Euro für die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raumes vorgesehen.
In Griechenland, das eines der größten Agrarländer in der EU ist, trägt die Landwirtschaft rund fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Viele Bauern sind aber von EU-Subventionen und der staatlichen Regelung von Mindestpreisen abhängig. Befürworter hoher Förderungen argumentieren damit, dass die schwindenden Agrarbestände beschützt werden müssen - und andere, wie die USA, ja auch ihre Landwirtschaft stützen.
Dennoch hat die EU-Kommission bereits ihren Unmut über die Grenzblockaden der griechischen Bauern geäußert, auch wenn sie sich dabei aus der Debatte um Subventionen raushält. Es geht ihr vielmehr um Bewegungsfreiheit, auf die EU-Bürger ein Recht haben. Daher werde sehr genau beobachtet, ob Griechenland seiner Verpflichtung nachkomme, den freien Warenverkehr zu sichern, hieß es aus Brüssel.
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Nicht alle Nachbarländer Griechenlands leiden jedoch unter den Blockaden. Wie das bulgarische Massenblatt "24 Chassa" berichtet, gibt es in der Türkei Branchen, die von den Streiks profitieren. Da nicht mehr so viel Barsch und Brasse aus Griechenland importiert werden kann, wird mehr Fisch aus der Türkei gekauft.