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Die griechischen Pasok-Sozialisten befinden sich in der Krise. Daran wird auch die für Oktober geplante Neugründung der Partei wenig ändern.
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Athen. Sie nennen ihn den "Bullen von Athen". Der umtriebige griechische Außenminister Evangelos Venizelos, seit zwei Jahrzehnten nicht nur optisch ein Schwergewicht der griechischen Politik, hat schon fast alle Regierungsämter bekleidet. Neben seiner Rolle im Außenamt fungiert der 57-Jährige auch als Vizepräsident in der Athener Koalition aus konservativer Nea Dimokratia und Pasok-Sozialisten. Seit er im März 2012 zum Parteichef gekürt wurde, kämpft Venizelos gegen den rasanten Niedergang der ehemals omnipotenten Pasok-Sozialisten - bisher ohne Erfolg.
Zu Hochzeiten erhielt die Pasok noch mehr als drei Millionen Stimmen der knapp zehn Millionen griechischen Wahlberechtigten. Bei den jüngsten Parlamentswahlen 2012 votierten lediglich 755.832 Hellenen für sie. Ein weiterer Nackenschlag folgte: Bei den Europawahlen im Mai gaben nur 458.403 Griechen der sogenannten "Elia" ("Olivenbaum") ihre Stimme, einem im Endspurt vor dem Urnengang hastig formierten Zusammenschluss aus der Pasok und weiteren sechs (Splitter-)Parteien aus dem längst darbenden Mitte-Links-Lager mit gleichwohl klangvollen Namen wie "Übereinkunft für das neue Griechenland", "Dynamisches Griechenland" oder "Neue Reformer".
125 Millionen Euro Schulden
Dennoch: Vom "Elia"-Stimmenanteil von 8,02 Prozent war Venizelos angetan. Denn die meisten hatten mit einem noch schlechteren Wahlergebnis gerechnet. Das erklärte Ziel der "Elia", die diskreditierten sozialdemokratischen Kräfte zu bündeln und so ihre Durchschlagskraft im politischen Spektrum Griechenlands wieder zu erhöhen, wurde allerdings weit verfehlt. Trotzdem: Pasok kommt im Moment alleine nicht weiter. Ob der Austeritätskurs, den der damals regierende Georgios Papandreou 2010 in Athen eingeleitet hat, oder diverse Korruptionsskandale um frühere Pasok-Granden: Hunderttausende traditionelle Pasok-Wähler haben der Partei den Rücken gekehrt.
Die historische Proklamation der Pasok-Gründer mit seinen vier zentralen Grundsätzen, wonach in Griechenland die "nationale Unabhängigkeit", die "Volksherrschaft", die "gesellschaftliche Befreiung" sowie "demokratische Prozeduren" gelten sollen, sieht die vergrätzte Wählerschaft seit der betriebenen Krisenpolitik mit Füßen getreten. Ferner plagen die Partei Schulden in Höhe von 125 Millionen Euro. Aus Spargründen beschäftigt sie nur noch zehn Festangestellte in der Zentrale, vor fünf Jahren waren es 150.
Venizelos ist zwar ein glänzender Rhetoriker und gewiefter Taktiker, wirkt aber sowohl auf politische Gegner als auch auf den Durchschnittsgriechen eher hochnäsig und besserwisserisch. Er ist unangefochten Griechenlands unpopulärster Spitzenpolitiker. Venizelos will die Partei daher im Oktober unter dem Namen "Demokratische Fraktion" ("Dimokratiki Parataxi/DP") neu gründen. Doch sein Versuch, die bis Mitte 2013 mitregierende "Demokratische Linke" ("Dimar"), die bei den Europawahlen mit 1,2 Prozent der Stimmen fast in die Bedeutungslosigkeit fiel, sowie die im Februar ins Leben gerufene "Fluss"-Partei, die auf Anhieb 6,6 Prozent der Stimmen erhielt, mit ins Boot der geplanten DP zu holen, stieß bisher ins Leere.
Zusätzlich knirscht es auch innerhalb der Partei gewaltig im Gebälk. Zum 40. Jubiläum der Pasok-Gründung im September skandierten Anhänger Parolen pro Papandreou. Sogar "Verräter"-Rufe in Richtung Venizelos waren zu hören - in Anspielung auf die Koalition mit dem Erzrivalen Nea Dimokratia. Vassilis Primikiris, hochrangiger Funktionär der linken Syriza, die in allen Umfragen führt, spottete: "Über die Pasok auch nur zu sprechen ist wirklich reine Nekrophilie."