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Im traditionell ÖVP-dominierten Texingtal hat Andreas Khol im ersten Durchgang der Bundespräsidentschaftswahl mit 31,9 Prozent gewonnen. Die "Wiener Zeitung" hat nachgefragt, wie man sich dort nun bei der Stichwahl verhalten wird.
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Texingtal. Seit vielen Jahren gibt es in den Mostviertler Gemeinden Texingtal, Kirnberg, Mank, Kilb, Hürm und Bischofstetten zu jeder Wahl einen Wettstreit: "Wer ist die schwärzeste Gemeinde in der Region?", lautet dann die Frage. Manchmal werden dabei Ergebnisse im 80-Prozent-Bereich erzielt. Im ersten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl hat diesmal - wenn auch mit einem verhältnismäßig niedrigen Ergebnis - Texingtal gewonnen. 31,9 Prozent der Wähler haben sich dort für den ÖVP-Kandidaten Andreas Khol entschieden. Auch in den anderen fünf Gemeinden hat Khol zwar immer mehr als 20 Prozent erreicht, bei dieser Wahl haben sich die Gemeinden jedoch erstmals blau gefärbt: FPÖ-Konkurrent Norbert Hofer hat die meisten Stimmen geholt.
"Ich denke, dass das mit der Situation der Regierung zu tun hat. Das Thema Asyl ist sehr schwierig und dann hat es auch sicher mit der Meinungsforschung zu tun", sagt der Bürgermeister von Texingtal, Gerhard Karner, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Bei dieser Wahl habe es sicher einige taktische Wähler gegeben.
Karner ist Abgeordneter im niederösterreichischen Landtag und selbst in Texingtal, das sich aus 22 Ortsteilen zusammensetzt, aufgewachsen. Bei der Gemeinderatswahl im Jahr 2015 hat die ÖVP 88,41 Prozent der Stimmen erhalten. Die SPÖ hat im Gemeinderat nur zwei der 19 Sitze. Andere Parteien existieren in der 1613-Einwohner-Gemeinde nicht. Bisher jedenfalls war es so.
"Ich war entsetzt von dem Wahlergebnis", sagt eine junge Mutter im Sparmarkt. "Mir haben die Worte gefehlt. Dass der Hofer so viele Stimmen erreicht. Unglaublich, dass jetzt alles so blau ist", sagt sie. Ihre beiden kleinen Mädchen toben mit kleinen Einkaufswägen durch das Geschäft. Sie ermahnt sie, weniger wild zu spielen. "Ich glaub‘, dass viele nicht weiter denken, als bis zum Tellerrand." In der Stichwahl hofft sie auf ein anderes Ergebnis. "Ich werde Van der Bellen wählen", sagt sie.
Nicht alle im Sparmarkt sehen den Erfolg Hofers aber so skeptisch: "Es war schon eine Überraschung, dass der Hofer so stark ist", meint eine Verkäuferin. "Aber es ist ja auch nicht so schlecht. Was man so hört, es sagen ja alle, der Junge wird’s."
45 Jahre ist der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer alt. Im Vergleich zu den anderen Kandidaten, die im ersten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl angetreten sind, ist er geradezu ein Jungspund. In Texingtal ist das ein großes Thema.
"Der Khol ist viel zu alt und hat kein Charisma", sagt eine Frau um die vierzig, die bei der örtlichen "Raika" gerade Geld abgehoben hat. "Er ist ein alter Mann. Wenn man den gewählt hätte, hätten wir ja in drei Jahren wieder wählen müssen", fügt sie hinzu. Wen sie in der Stichwahl wählen wird, will sie nicht sagen. Aber die Entscheidung falle ihr sehr leicht. Abgesehen davon findet sie den Bundespräsidenten aber ohnehin unnötig. Seine Aufgaben könnte "leicht wer anderer mitmachen", meint sie und steigt auf ihr Fahrrad.
Ein Mann mittleren Alters kommt aus der Bank. "Ich wähle eigentlich immer schwarz, weil mir das vom Parteiprogramm am besten gefällt", erzählt er in der warmen Mittagssonne. Diesmal habe er sich aber für Hofer entschieden, direkt in der Wahlkabine. "Ich wollte ein Statement setzen. Ich wollte sagen, dass sich die Partei zu wenig um die Österreicher kümmert. Die schauen nur auf ihr Sackerl." Bei einer Nationalratswahl hätte er das nicht gemacht.
In der Stichwahl wird er Alexander Van der Bellen wählen. "Hofer darf nicht so weit kommen", erklärt er. Er selbst sei zwar nicht so rechts, aber die ganze Ideologie der FPÖ gefalle ihm nicht. "Das haben wir schon einmal gehabt, das brauchen wir nicht mehr", sagt er.
Hähne, Kühe undHandwerker aller Sparten
Im Hintergrund hört man Hähne krähen und Kühe muhen. In Texingtal gibt es einige Bauernhöfe. Aber nicht nur die Landwirtschaft spielt hier eine große Rolle. "Wer bei uns ein Haus baut, hat alle Handwerker, die er dazu braucht direkt in der Gemeinde", sagt der Bürgermeister stolz. Mit dem Grüntalkogel habe man außerdem auch ein beliebtes Wandergebiet und Touristen etwas zu bieten.
Wen er in der Stichwahl wählen wird, möchte Karner nicht sagen. "Ich gebe keine Wahlempfehlung ab", sagt er. Die Wähler seien mündig genug selbst zu entscheiden, wen sie wählen. "Es wird eine Wahlbewegung geben. Die schaue ich mir ganz genau an und dann entscheide ich mich."
In der hellen und auffallend sauberen örtlichen Tankstelle haben sich viele schon entschieden: "Ich werde den Van der Bellen wählen", sagt ein Pensionist, der einen Kaffee an der Theke trinkt. Er war Maurer und betreibt eine kleine Landwirtschaft. "Es können ja auch einmal andere kommen. Und das sag ich, obwohl ich ein Blutschwarzer bin", meint er. "Die Schwarzen haben halt jetzt einmal eine am Deckel bekommen. Vielleicht wäre Hofer für die Bauern günstiger, aber der Van der Bellen hat mehr Erfahrung und Kompetenz."
Auch eine 52-Jährige, die gerade tankt, sagt, dass sie Van der Bellen wählen wird. "Norbert Hofer ist mir zu rechts, ich vertraue ihm nicht ganz. Er ist zwar nicht unsympathisch, aber die Partei, die dahinter steht, ist nix für mich." Bei den Jungen komme er ja besonders gut an. "Mein Sohn ist 20 und hat ihn auch gewählt. Obwohl er sich sonst gar nicht für Politik interessiert." Sie selbst hat im ersten Wahlgang für Irmgard Griss gestimmt, der ÖVP-Kandidat Khol war ihr viel zu alt.
"Es war überhaupt eine unglückliche Wahl", sagt eine ältere Dame. "Lauter Alte. Und das sag‘ ich, obwohl ich selbst alt bin. 12 Jahre hätte der Khol doch nie durchgestanden. Ich wähle den Bundespräsidenten immer so lange es geht." Für wen sie in der Stichwahl stimmt, weiß sie noch nicht. Van der Bellen ist ihr unsympathisch. "Er hat so einen traurigen Blick. Bleibt eigentlich nur noch Hofer", sagt sie und zuckt mit der Schulter. "Im Notfall wähle ich ungültig."