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Ein schwieriges Jahr für Start-ups

Von Alexander Eberan und Karl Freidl

Gastkommentare

Seit dem Rekordjahr 2021 hat sich in Europa das investierte Risikokapital halbiert.


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Die Finanzierung für Start-ups geht im laufenden Jahr laut aktuellen Prognosen deutlich zurück. Seit dem Rekordjahr 2021 hat sich in Europa das in Start-ups investierte Risikokapital halbiert. Währenddessen hat die österreichische Regierung vor wenigen Tagen in einem Gesetzesentwurf eine deutliche Erleichterung für junge Unternehmen angekündigt. Die von der Start-up-Szene lange geforderte neue Gesellschaftsform FlexCo (Flexible Company) steht damit nun in den Startlöchern. Sie ist eine Art Hybrid zwischen GmbH und AG und soll vor allem Start-ups durch ein geringeres Gründungskapital und weniger Bürokratie helfen, flexibler und rascher agieren zu können. So sollen sie nicht zuletzt auf dem internationalen Parkett leichter reüssieren und an Investoren herankommen können.

Das multinationale Risikokapitalunternehmen Atomico hat währenddessen in diesen Tagen eine Prognose für das heurige Jahr veröffentlicht, laut der die Finanzierung für europäische Start-ups um 39 Prozent niedriger als im Vorjahr ausfallen und der Geldfluss von 83 Milliarden auf 51 Milliarden US-Dollar zurückgehen dürfte. Im Jahr 2021 waren es noch 106 Milliarden US-Dollar, also doppelt so viel.

Allerdings ist nicht nur Europa betroffen. Auch international ist das Investitionsvolumen in den vergangenen Jahren stark rückläufig. In den USA, China und dem Rest der Welt kündigt sich für das laufende Jahr ebenfalls eine Halbierung gegenüber dem Jahr 2021 an, als die bisher höchsten Summen an Risikokapital investiert wurden. Diese Entwicklung schlägt sich auch in der Anzahl der Neugründungen nieder, die aktuell um geschätzte 15 bis 20 Prozent zurückgegangen sind.

Der Abschwung in Europa ist laut der Studie auf das sinkende Engagement von US-Fonds zurückzuführen. Diese waren in der Vergangenheit ein wichtiger Motor für die europäische Start-up-Szene. Auf dem Höhepunkt im Jahr 2021 wurden jedem US-Dollar, den europäische Anleger investierten, 66 Cent aus den USA gegenübergestellt. Fast alle europäischen Länder sind gleich stark betroffen, mit zwei Ausnahmen: Die Niederlande und Dänemark konnten im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zu 2021 das Niveau ungefähr halten. In Großbritannien sind die Start-up-Investitionen um 57 Prozent gesunken, in Frankreich um 55 Prozent und in Deutschland um 44 Prozent. Die Zurückhaltung der Investoren wirkt sich unterdessen auf dem Arbeitsmarkt aus. Mehr als 11.000 Stellen wurden alleine im ersten Quartal 2023 in Europa gestrichen, weltweit gab es 185.000 Kündigungen. In einem Teil des Tech-Sektors waren jedoch Zuwächse zu verzeichnen: im Bereich der Künstlichen Intelligenz. 35 Prozent der gesamten Investitionen in diesem Bereich gingen an generative KI-Start-ups. Das ist der bisher höchste Anteil und ein großer Sprung gegenüber dem Vorjahr (damals waren es 5 Prozent).

Bemerkenswert ist auch der Aufholprozess, den Europa in den vergangenen zehn Jahren gegenüber den USA hingelegt hat. Lag der US-Anteil am globalen Investitionsvolumen in junge Tech-Start-ups im Jahr 2013 bei 59 Prozent und jener Europas bei 18 Prozent, investierten europäische Kapitalgeber im Jahr 2023 bereits 29 Prozent und die USA 36 Prozent.