Wurde Telekom durch zu billigen Verkauf der Immobilie geschädigt?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Im Oberlandesgericht ist es sicher launiger zugegangen. Parallel zur Berufungsverhandlung rund um das Geldwäscheverfahren des illustren Grafen Alfons Mensdorff-Pouilly hat am Wiener Straflandesgericht ein Prozess von nicht minderem öffentlichen Interesse begonnen: das Telekom-V-Verfahren rund um den Immobiliendeal am Schillerplatz.
Angeklagt sind sieben Personen, die sich alle nicht schuldig bekannten. 2006 verkaufte die Telekom zwei Stockwerke und den Dachboden des Gebäudes Schillerplatz 4, wo das Hauptwählamt untergebracht ist, um 5,4 Millionen Euro an die Schillerplatz 4 Entwicklungs GmbH (SP4). Die Firma gehörte dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der ÖBB-Holding, Martin Huber, über einen Treuhänder zu 75 Prozent und seiner Frau Barbara Huber-Lipp zu 25 Prozent. Ein Jahr später wurde die SP4 um 3,9 Millionen Euro an den Immobilienentwickler Seeste Bau verkauft, der außerdem die Verbindlichkeiten der SP4 in der Höhe von sieben Millionen Euro übernahm.
In diesem Zeitraum sei weder der allgemeine Immobilienmarkt preislich in die Höhe geschnellt, noch habe die SP4 wertsteigernde Maßnahmen an der Immobilie vorgenommen, erklärte Staatsanwalt Michael Radasztics in seinem Anklagevortrag. Er geht daher davon aus, dass "irgendwer in der Vertragskette ein schlechtes Geschäft gemacht hat - und zwar ein sehr schlechtes". Und die Indizien würden sehr darauf hinweisen, dass dies die Telekom war. Gutachter Roland Popp geht davon aus, dass bei der Anbotslegung im Mai 2006 der Verkehrswert bei rund 9,9 Millionen gelegen hat, die Telekom hat sich daher als Privatbeteiligte dem Verfahren angeschlossen und verlangt 4,4 Millionen Euro zurück.
5,4 Millionen angemessen?
Die ehemaligen Vorstände Stefano Colombo und Heinz Sundt, die das Anbot für den Schillerplatz ohne Einholung eines Gutachtens unterschrieben haben, müssen sich ebenso wegen Untreue verantworten wie das Ehepaar Huber. Außerdem legt der Staatsanwalt den damals in der Immobilien-Abteilung der Telekom tätigen Angeklagten Birgit Wagner (heute ÖBB-Personenverkehrsvorständin) und Erich Z. zur Last, im Jahr 2008, als die Staatsanwaltschaft erstmals ermittelte, den Ziviltechniker Peter K. mit einem auf Mai 2005 vordatierten Gutachten beauftragt zu haben.
K. muss sich wegen Fälschung von Beweismitteln verantworten, die anderen wegen Bestimmung dazu, allen drei wird zudem Begünstigung zur Last gelegt. Ihre Anwälte erklärten in ihren Eröffnungsvorträgen allerdings, dass K. das Gutachten schon lange fertig gehabt hätte, es nur nicht in der Telekom im Akt gelegen sei.
Nachdem schon Sundts Anwalt erklärt hatte, die 5,4 Millionen seien ein "angemessener, um nicht zu sagen, sehr guter Preis" gewesen, bestätigte Sundt dies in seiner Einvernahme. Und: "Wenn ich noch einmal in der Situation stünde, ein derartiges Geschäft zu bewilligen, würde ich es wieder tun." Nicht beantwortet wurde die Frage nach dem Warum: Der Grund, warum Sundt und Colombo die Telekom vorsätzlich zugunsten der Hubers schädigen sollten, blieb im Dunklen - ebenso wie die Frage, warum Z. und Wagner den Ziviltechniker K. mit der Rückdatierung eines Verkehrswertgutachtens beauftragt haben sollten. Denn weder Colombo noch Sundt waren 2008 noch bei der Telekom.
Keine Zeugen
Licht ins Dunkel hätten zwei Zeugen bringen können. Der Bauunternehmer Anton K., mit dem Sundt, wie er erklärte, befreundet war und dem die Immobilie schon 2005 zugesichert wurde. Der andere ist Wolfgang F., Immobilienexperte der Telekom. Auf die Frage von Richterin Barbara Moravec-Loidolt, wie man auf das Ehepaar Huber als Käufer gekommen sei, antwortete Sundt auch: "Da müssen sie F. fragen." Doch weder dieser noch der Zeuge K. können befragt werden. Nach schweren Krankheiten sind sie nicht mehr vernehmungsfähig und werden es auch nicht mehr sein.
Nach Sundt wurde mit der Einvernahme Colombos begonnen, die heute, Freitag, fortgesetzt wird. Dann sollen laut Plan auch die weiteren Angeklagten befragt werden, ein Urteil ist vorerst für den 17. Jänner geplant.
Wissen: Die Telekom-Verfahren
Telekom I: Im Prozess um den Kurssprung der Telekom-Aktie 2004, der ein Manager-Boni-Programm ausgelöst hatte, wurden die Ex-Vorstände Rudolf Fischer und Stefano Colombo zu drei und dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt. Ex-Prokurist Rudolf Trimmel fasste drei Jahre teilbedingt aus. Broker Johann Wanovits bekam fünf Jahre - alle Urteile sind nicht rechtskräftig. Ex-Vorstand Heinz Sundt wurde rechtskräftig freigesprochen.
Telekom II: Das Verfahren gegen Ex-Marketingchef Stefan Tweraser startet am 25. Februar. Er soll nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen 585.600 Euro zu Unrecht kassiert haben.
Telekom III: Im Verfahren um die 600.000-Euro-Zahlung der Telekom an die FPÖ wurde Parteiwerber Gernot Rumpold zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt, ebenso traf es Ex-Vorstand Fischer (drei Jahre, davon sechs Monate unbedingt), Ex-Prokuristen Michael G. (zweieinhalb Jahre, davon sechs Monate unbedingt) und Ex-FPÖ-Bundesgeschäftsführer Arno Eccher (fünf Monate bedingt). Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Telekom IV: Ähnlich gelagert war der Fall über Geldflüsse von 960.000 Euro ans BZÖ im Wahlkampf 2006. Lobbyist Peter Hochegger wurde zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt, der BZÖ-nahe Werber Kurt S. zu zweieinhalb Jahren (davon fünf Monate unbedingt), der Sprecher von Ex-Justizministerin Karin Gastinger, Christoph Pöchinger, zu zwei Jahren (davon acht Monate unbedingt). Ex-Mandatar Klaus Wittauer bekam zwei Jahre (davon drei Monate unbedingt). Er nahm das Urteil an, die anderen sind nicht rechtskräftig. Freigesprochen wurden Eccher und Fischer.