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Ein seltsames Paar von Seligen

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Rom - Wenn Papst Johannes Paul II. am Sonntag seine Vorgänger Pius IX. und Johannes XXIII. selig spricht, so wird es ein seltsames Paar sein, dass da neu zu Altarehren kommt. Der einzige gemeinsame Nenner, auf die die beiden Päpste zu bringen sind, die jeweils ihr Jahrhundert geprägt haben, ist die Tatsache, dass sie beide ein Konzil einberufen haben: Pius IX. das erste Vatikanische Konzil (1869-1870), dessen denkwürdigstes Ergebnis das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes war, Johannes XXIII. das zweite Vatikanische Konzil (1962 -1965), das trotz Widerständen der konservativen Kurie die Fenster der katholischen Kirche weit öffnete.


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Die Seligsprechung Johannes XXIII. sollte auch schon am Ende des zweiten Vatikanischen Konzils 1965 per Akklamation erfolgen, doch strebte sein Nachfolger Paul VI. sozusagen eine Seligsprechung im Tandem an und wollte gemeinsam mit Johannes XXIII. auch dessen Vorgänger Pius XII. in die Reihe der Seligen aufgenommen wissen, ein Vorhaben, das bisher am Schweigen dieses Papstes zur Judenverfolgung während der NS-Zeit gescheitert ist. Johannes XXIII. bekam nun Pius IX. als Partner für die Seligsprechung, der auch in theologischen Kreisen äußerst umstritten ist. So dauerte sein Seligsprechungsverfahren nicht weniger als 93 Jahre, bei Johannes waren es 35. Johannes XXIII. hatte, wenn man von Papst Johannes Paul I. absieht, der 1978 nur 33 Tage auf Petri Stuhl saß, mit nicht einmal fünf Jahren das kürzeste Pontifikat in den letzten 150 Jahren, Pius IX. mit nahezu 32 Jahren überhaupt das längste der Papstgeschichte seit Petrus.

Pius IX. gilt als letzter Judenhasser unter den Päpsten - er bezeichnete die Juden als Ochsen, die keinen Gott kennen und Hunde, die bellend durch die Welt ziehen, Johannes XXIII. half als Apostolischer Delegat in Athen bei der Rettung von Juden, die von der Deportation bedroht waren und ließ als Papst antijüdische Passagen aus der Karfreitagsliturgie streichen. Der römische Oberrabbiner Elio Toaff erinnerte dieser Tage an die besondere Zuneigung zwischen Johannes XXIII. und den Juden. Einmal sei der Papst nach dem Sabbatgebet an der römischen Synagoge vorbeigefahren, habe anhalten lassen und die jüdischen Gläubigen gesegnet.

Es mutet grotesk an, dass im Seligsprechungsverfahren für Johannes XXIII. dessen Naschhaftigkeit und die Tatsache, dass er den Schwiegersohn des damaligen sowjetischen Parteichefs Nikita Chrustschow in Privataudienz im Vatikan empfangen hatte allen Ernstes als mögliche Hürden erörtert wurden.