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Votum von schweren Ausschreitungen und Oppositionsboykott überschattet.
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Dhaka. Bangladeschs Regierungspartei hat bei den von der Opposition boykottierten Parlamentswahlen mehr als zwei Drittel der Stimmen gewonnen. Doch die politische Krise im Land am Golf von Bengalen schwelt damit weiter. Denn Premierministerin Sheikh Hasina fehlt die Legitimität für ihre zweite Amtszeit. Fraglich ist, wie lange die neue Regierung in dem politischen Chaos überleben kann.
Ein Großaufgebot von Polizeikräften umgab auch am Montag das Haus von Bangladeschs Oppositionsführerin Khaleda Zia im schicken Diplomaten-Viertel der Hauptstadt Dhaka. Die Führerin der oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) verlängerte den von ihr ausgerufenen Generalstreik bis zum Mittwoch. Zia steht seit Dezember praktisch unter Hausarrest, nachdem sie beschlossen hatte, die Wahl am Sonntag zu boykottieren und ihre Anhänger zu Streiks und Protesten aufforderte.
Das Resultat der Abstimmung überraschte daher niemanden: ein klarer Sieg der Awami League unter Hasina, ein von Gewalt überschatteter Wahlkampf - rund um den Wahltag starben mindestens 26 Menschen und es gab mehr als 300 Verletzte - und eine Wahlbeteiligung, die teils bei unter 20 Prozent lag. Die renommierte in Dhaka erscheinende Zeitung "Daily Star" nannte die Wahlen "die blutigsten in der Geschichte von Bangladesch" und kritisierte den Triumph der Awami League als "einen hohlen Sieg, der ihr weder das Mandat noch den moralischen Rückhalt gibt, wirksam zu regieren".
In der Mega-Metropole Dhaka wurden überhaupt nur in zwei von 20 Stimmbezirken Abstimmungen abgehalten. Zudem berichteten Journalisten aus Bangladesch, dass sie Betrug und Stimmfälschungen durch Aktivisten der Awami League in den Wahllokalen beobachtet hätten.
Oppositionsführerin Zia wiederum zeigte sich "zufrieden" mit der niedrigen Wahlbeteiligung. Sie hofft weiterhin, ihre politische Widersacherin Hasina durch General-Streiks und Proteste in die Knie zu zwingen. Zia und Hasina wechselten sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer wieder im Premiersamt ab und sind einander spinnefeind.
Schreitet Militär ein?
Die von Zia angeführte BNP hatte sich geweigert, an der Abstimmung teilzunehmen, nachdem eine Einigung über die Modalitäten des Urnengangs mit der Regierung gescheitert war. Der erbitterte Kampf zwischen Bangladeschs beiden großen Parteien hat in den letzten Monaten für eine Welle der Gewalt gesorgt. Seit Ende Oktober 2013 sind um die 140 Menschen bei den politischen Unruhen ums Leben gekommen. Streiks, Blockaden und Proteste haben drastische Folgen für das Alltagsleben in Bangladesch - die Zahl der Arbeitstage pro Woche hat sich mehr als halbiert.
Es ist unklar, wie lange sich Hasina im Amt halten wird können. Nur wenige Beobachter erwarten, dass die Premierministerin mehr als ein Jahr durchsteht. Fraglich scheint nur, ob ihre Regierung wegen der allgemeinen Unzufriedenheit über wirtschaftliche Stagnation und Chaos stürzen wird. Ober ob das Militär interveniert, das in Bangladesch schon mehrmals gegen Regierungen putschte. 2007 etwa schickte die Armee die beiden streitenden Politikerinnen Zia und Hasina kurzerhand ins Exil, um politische Unruhen zu beenden.
Im Moment sieht es jedoch so aus, als wolle die Armee nicht erneut in den Streit zwischen Zia und Hasina eingreifen und so ihr internationales Ansehen schädigen. Die UNO hat Bangladeschs Militär gerade mit einem lukrativen Vertrag für Blauhelmeinsätze beglückt. Das Land ist mit 8000 Soldaten einer der größten Truppensteller für die UNO.
Das islamische Land am Golf von Bengalen mit seinen 163 Millionen Einwohnern ist eines der am dichtesten besiedelten Länder der Erde - ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Bangladesch ist einer der größten Textilhersteller der Welt. Der rasante Aufstieg der Industrie sorgt für politische und soziale Spannungen. Streiks und Unruhen in den Vororten von Dhaka, wo hunderttausende Menschen in Kleider-Fabriken arbeiten, sind an der Tagesordnung. Immer wieder kommt es in der ungenügend kontrollierten Industrie zu Bränden und Betriebsunfällen.