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Nicht einmal die Parteibasis weiß so genau, was da an der Saar los ist. Sind die Gespräche, die die SPD mit der CDU über die Bildung einer großen Koalition führen will, nur Taktik, die letztlich doch zu Neuwahlen führt? Oder gibt es schon längst Absprachen, die den Sozialdemokraten ein Superministerium zusichern, sie aber im Stadium eines Juniorpartners halten? Das zweite Szenario beunruhigt auch Teile der SPD, sehen die Umfragen derzeit doch die Sozialisten vor der CDU der derzeitigen Ministerpräsidentin. Vor allem ihrem Machterhalt würde eine große Koalition nutzen.
Egal, wie der Poker ausgeht, kommt aus dem flächenmäßig kleinsten Bundesland Deutschlands ein Signal, das weit über seine Grenzen hinausreicht. Das erste Experiment einer Jamaika-Koalition, wie die nach den Landesfarben des Karibikstaates benannte schwarz-gelb-grüne Zusammenarbeit heißt, ist gescheitert. Der Schwachpunkt war einmal mehr die FDP, die im Saarland tief zerstritten ist. Weil sie aber auch in den anderen Ländern und im Bund nicht aus ihrer desaströsen Lage herauskommt, stellt sich der CDU die Frage, mit wem sie noch koalieren kann.
Die Grünen sind nach ihrem Höhenflug infolge der Fukushima-Katastrophe wieder zurückgefallen und so wie in Saarbrücken normalerweise zu schwach, als dass sie als Mehrheitsbeschaffer dienen könnten. Dasselbe Dilemma plagt auch die SPD, die die grüne Partei gerne als natürlichen Bündnispartner sieht. Mit der Linkspartei will sich die CDU keinesfalls, die SPD höchstens auf Länderebene einlassen (was sie bisher allerdings nur im Osten Deutschlands umgesetzt hat). Die Piraten haben bisher nur in der Metropole Berlin den Einzug in ein Landesparlament geschafft.
Den beiden traditionellen Volksparteien gehen also die möglichen Partner aus. SPD-Chef Sigmar Gabriel scheint folgerichtig im Bund schon eine große Koalition anzupeilen. Dafür spricht sein vorsichtiges Vorgehen in der Causa um Bundespräsident Christian Wulff. Erst allmählich beginnt die SPD, Angela Merkel ihre Personalwahl für das höchste Amt im Staat anzukreiden. Aus dieser Affäre konnten die Sozialdemokraten bisher keinen Nutzen ziehen, im Gegenteil stiegen die Beliebtheitswerte Merkels, die in Europa das starke Deutschland präsentieren darf, leicht an.
Derweil hat die SPD noch nicht einmal einen Kanzlerkandidaten. Peer Steinbrück, oft als solcher gehandelt, hat sich kürzlich selbst beschädigt, als er - gegen die Parteilinie - für eine vollständige Flexibilisierung des Renteneintrittsalters eintrat. Keine guten Voraussetzungen für die SPD, 2013 den Koalitionschef zu stellen.