Bei einer Tagung der Sozialistischen Internationale im Jahr 1971 in Wien sprach auch ein Vertreter der sozialistischen Partei Portugals im Pariser Exil, der unter der Salazar-Diktatur schon | zwölfmal verhaftet worden war, dessen Namen hierzulande aber niemand kannte. Knapp drei Jahre später war Mario Soares, der heute 75 Jahre alt wird, Außenminister seines Landes, 1976 wurde er erstmals | Ministerpräsident und von 1986 bis 1996 war er zwei Perioden lang Staatspräsident.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der am 7. Dezember 1924 in Lissabon als Sohn eines ehemaligen katholischen Priesters geborene Mario Soares wollte ursprünglich in die Fußstapfen seines Vaters treten, der nach dem Abschied
von der Kirche Lehrer geworden war, doch die politische Polizei verwehrte ihm das dafür notwendige Leumundszeugnis. So begann er mit einem Jusstudium und wurde Anwalt. Schon als 18-jähriger begann er
1942 mit seinem Kampf gegen die Salazar-Diktatur und schloß sich der KP seines Lehrers und späteren politischen Gegners Alvaro Cunhal an. 1949 wurde der aus der kommunistisch dominierten
Oppositionsfront Ausgeschlossene Mitglied der "Sozialdemokratischen Aktion". Als prominenter Verteidiger in politischen Prozessen geriet er selbst wiederholt in Konflikt mit dem Salazar-
Regime und bis 1968 wurde er 12mal verhaftet. 1968 wurde er für acht Monate auf die Atlantikinsel Sao Tome verbannt. 1970 ging er ins Pariser Exil, wo er Kontakte zu den großen sozialdemokratischen
Parteichefs Europas anknüpfte. Am 19. April 1973 gründete er in einem Institut der SPD-nahen Friedrich-Ebert Stiftung in Bad Münstereifel die "Sozialistische Partei Portugals".
Nach dem Sturz des Caetano-Regimes im April 1974 kehrte er in seine Heimat zurück und wurde in der ersten Regierung nach der Diktatur Mitte Mai Außenminister. In dieser Funktion war er für
die rasche Entkolonialisierung Portugals zuständig. In den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung am 25. April 1975 wurde die SP unter Soares stärkste Partei. Bei den genau ein Jahr später
stattfindenden ersten Parlamentswahlen wurde dieser Rang bekräftigt und Soares am 23. Juli 1976 erstmals Ministerpräsident einer Minderheitsregierung. Zwei Jahre später stürzte er über einen Streit
um die Landwirtschaftspolitik und ging in Opposition. Nach dem Wahlsieg am 25. April 1983 wurde Soares erneut Ministerpräsident und führte sein Land in die Europäische Union. Nachdem die Sozialisten
am 6. Oktober 1985 bei vorgezogenen Neuwahlen ein Debakel erlitten hatten, wurde der persönlich sehr beliebte Soares am 16. Februar 1986 als erster Zivilist mit 51,3 Prozent zum Staatspräsidenten
gewählt. Am 13. Jänner 1991 wurde er mit 70,4 Prozent triumphal in seinem Amt bestätigt. Als Präsident suchte er verstärkt den Kontakt mit der Bevölkerung und ließ · sehr zum Mißfallen der
konservativen Regierung · immer wieder bei den Unterprivilegierten der portugiesischen Gesellschaft, farbigen Einwanderern und Arbeitslosen sehen. Die Portugiesen gaben ihrem beliebten Präsidenten
ironisch-liebevoll den Beinamen "O rei" (der König).
Nachdem er 1996 für keine weitere Amtsperiode kandidieren durfte, hielt Soares wieder wie in seiner Exilzeit Universitätsvorlesungen über Literatur und Landeskunde.
Am 13. Juni 1999 trat er bei den Europawahlen als Spitzenkandidat der Sozialisten an und erreichte erneut einen überwältigenden Wahlsieg. Als SP-Kandidat für das Amt des Präsidenten des EU-Parlaments
vorgeschlagen unterlag er aber der konservativen französischen Kandidatin Nicole Fontaine, wobei ihm nach der Wahl aber auch die politischen Gegner persönlichen Respekt zollten.