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Ein starker Auftritt von Hollande

Von Reinhard Göweil

Analysen

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Griechenland, Eurobonds, Finanztransaktionssteuer, Fiskalpakt - in der aktuellen EU-Diskussion gibt es einige Reizwörter, die zwar irgendwie zusammengehören, weil sie eben die gesamte EU und vor allem die Euroländer betreffen, aber sehr differenziert zu betrachten sind. Ob die Griechen in der Eurozone bleiben, hängt vor allem von ihnen selbst ab: je nach Wahlausgang im Juni. Das Land benötigt eine wirtschaftliche Erneuerung von innen heraus, dann wird es ausreichend Geld aus Brüssel geben. Wobei es etwas kurios scheint, sich prophylaktisch vor der linken Syriza zu fürchten. Dort, wo Griechenland jetzt steht, wurde es von der Pasok und den Konservativen hingeführt. Furcht vor denen wäre wenigstens empirisch belegt.

Der EU-Gipfel in der Nacht auf Donnerstag hat sich zwar um Wachstum gekümmert, interessant war aber vor allem der Auftritt des neuen französischen Präsidenten François Hollande. Er tat dies auf sehr französische Weise: mit großem Pomp. Bei den Pressekonferenzen der Regierungschefs nach dem Gipfel wurde dies offenbar: Hollande referierte vor knallvollem Saal eine Stunde lang über Europa, Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel sagte vor halbleerem Saal nur wenig und das kurz.

Schon davor gab es beim Treffen der sozialdemokratischen Parteichefs einen ungewohnten Medienrummel. Hollande beginnt, das Machtgefüge in der EU zu verschieben. Wenn seine Sozialisten im Juni auch die französischen Parlamentswahlen gewinnen, wird diese Verschiebung noch stärker werden.

Die EU-Institutionen in Brüssel reagieren bereits darauf. EU-Kommissar Olli Rehn ging mit der Idee einer politischen Union an die Öffentlichkeit, um den Weg für Eurobonds zu bereiten. Sogar der übervorsichtige Kommissionschef Jose Manuel Barroso meinte, Sparen allein sei zu wenig. Nur Ratspräsident Herman van Rompuy taktierte unbeeindruckt wie immer, aber das scheint dem belgischen Politiker in Fleisch und Blut übergegangen zu sein.

Kanzler Werner Faymann sieht eine neue Diskussionskultur unter den EU-Regierungschefs durch Hollande. Bisher trafen sich Merkel und Nicolas Sarkozy vor EU-Gipfeln, um dem Rest Europas ihre Beschlüsse mitzuteilen. Jetzt wurde erstmals informell debattiert, wie es weitergehen soll. So sollte es bleiben. Hollande scheint auch viel von Effizienz zu halten. Manche Kollegen hätten recht weitschweifig referiert, sagte er nach seinem ersten Gipfel. Wenn er nicht auch beginnt, sich vorher mit Deutschland abzusprechen, um Sitzungen zu verkürzen, sondern mehr Disziplin und Sachlichkeit in die Gipfel bringt, wird sich die Diskussionskultur tatsächlich verändern. Was Europa gut täte.