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"Ein starker Lobbyist in Brüssel"

Von Brigitte Pechar

Politik

AK-Präsident Kaske will Absolute der FSG und Wahlbeteiligung halten.


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Wien. Kommenden Montag starten die Arbeiterkammerwahlen in Vorarlberg, Tirol und Salzburg. Erst am 19. Mai finden sie ihren Abschluss mit der AK-Wahl in Niederösterreich (6. bis 19. Mai). Rund 2,7 Millionen Arbeitnehmer wählen ihre Vertretung in der Arbeiterkammer und bestimmen damit auch die Politik ihrer Interessenvertretung.

Mit Ausnahme von Vorarlberg und Tirol, wo die Fraktion der Christgewerkschafter (FCG) über stabile absolute Mehrheiten verfügt, dominiert in allen anderen Bundesländern die Fraktion der Sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG). Allerdings musste die FSG bei der vergangenen AK-Wahl 2009 hohe Verluste hinnehmen. Bundesweit büßte sie 7,6 Prozentpunkte ein, war mit 55,8 Prozent aber trotzdem bei weitem die stärkste Kraft vor den Christdemokraten mit 25 Prozent.

AK-Präsident Rudolf Kaske, der in Wien erstmals als Spitzenkandidat antritt - er löste im Vorjahr Herbert Tumpel an der AK-Spitze in Wien und Bund ab -, steckt sich das Halten der absoluten Mehrheit zum Ziel.

Wahlbeteiligung ist Wermutstropfen

Ein Problem der AK-Wahl ist die Beteiligung, die zuletzt österreichweit bei knapp 44 Prozent lag. Der Politikwissenschafter Emmerich Tálos erklärt das in der "Wiener Zeitung" so: "Die hohe Akzeptanz, die die Arbeiterkammer bei ihren Mitgliedern hat, spiegelt sich nicht in der Wahlbeteiligung wider." Der Einsatz für die Interessen der Arbeitnehmer werde als gegeben hingenommen. Eine Differenzierung zwischen Fraktionen sei nicht klar erkennbar. Und weil "der Laden ohnehin in unserem Sinn läuft" - so die Einstellung der Mitglieder -, sei auch eine Wahlbeteiligung nicht unbedingt notwendig. Dieses Schicksal teile die Arbeiterkammer aber mit den anderen Kammern.

AK-Präsident Kaske strebt an, die bundesweit 44 Prozent hohe Wahlbeteiligung zumindest zu halten. Obwohl sie gerade in Wien mit 41,5 Prozent noch niedriger lag und die Zahl der Wahlberechtigten in der Bundeshauptstadt von 645.000 auf 690.000 angestiegen ist - 200.000 davon haben Migrationshintergrund.

AK-Wahl bestimmt Sozialversicherung

Wenn aber die AK ohnehin die Interessen der Arbeitnehmer gut vertritt, warum soll man dann trotzdem wählen? "Weil die Arbeiterkammer nach Fraktionsstärke die Funktionen in der Sozialversicherung vergibt", sagt Tálos. Damit ist die AK ein starker Player in der österreichischen Gesundheitspolitik. Die Sozialversicherung ist eine Selbstverwaltungsorganisation und wird als solche eben von den gewählten Kammerfunktionären verwaltet.

In der Ersten Republik wurden die Vertreter gewählt, der Ständestaat hat die Selbstverwaltung vor 80 Jahren abgeschafft. In der Zweiten Republik entsandte der ÖGB Funktionäre in die Sozialversicherung und unter Schwarz-Blau wurde die Kammerwahl als Basis für die Zusammensetzung der Funktionäre in der Sozialversicherung bestimmt. "Die Kräfteverhältnisse bei der Kammerwahl spiegeln sich somit in der Sozialversicherung wider", erklärt der Politikwissenschafter. Tálos stellt fest, dass die politische Bedeutung der Krankenkassen und des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen habe. "Früher lief alles glatt. Aber seit es Probleme bei der Finanzierung gibt, ist der Hauptverband politisch geworden."

Zunehmend wichtig werde für die AK auch die Mitgestaltung der EU, sagt Tálos. "Die Priorisierung der ökonomischen Interessen in der EU ist so krass, dass Sozialsysteme in den Hintergrund geraten." Die AK lobbyiere daher in Brüssel dafür, dass die Interessen der Arbeitnehmer eben nicht wirtschaftlichen hintangestellt werden - was eine enorm wichtige Aufgabe sei.

FSG hat schärferes

Profil als SPÖ

Weil die Arbeiterkammer und damit die FSG als übermächtige Fraktion - im Gegensatz zur SPÖ - eine einheitliche Klientel vertrete, könne sie auch viel pointiertere Positionen einnehmen, argumentiert Tálos. Zum Beispiel macht die AK Druck bei den Mieten, die vor allem in Wien zu hoch seien. Aber auch in der Steuerpolitik vertritt Kaske eine prononciertere Haltung als die SPÖ. Während nämlich SPÖ-Vorsitzender Bundeskanzler Werner Faymann die Forderung nach einer Reichensteuer sofort nach der Nationalratswahl ad acta gelegt hat, bleibt die Arbeiterkammer voll auf dem Thema. Nach Möglichkeit ziemlich bald soll, ginge es nach dem AK-Präsidenten, eine Steuerreform kommen. Die Regierung hat dafür aber vorerst einmal nur eine Kommission eingesetzt.

Nicht glücklich ist Kaske mit dem kürzlich in Begutachtung geschickten Steuerpaket, das die Anhebung der Konsumentensteuern wie der Tabak- oder der motorbezogene Versicherungssteuer vorsieht. Vor allem gegen die steuerlichen Verschlechterungen rund um den "Golden Handshake" zieht Kaske zu Felde.

Und in der Pensionsdebatte wird er nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es für ältere Arbeitnehmer auch genügend Beschäftigungsangebote geben müsse.