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Ein Steher, der manchmal schwankt

Von Karl Ettinger

Politik

Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer ist Macher, Familienmensch und Rechtsverbinder.


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Der Ort für den offiziellen Abschluss der ÖVP-Wahlkampagne für die oberösterreichische Landtagswahl am Sonntag ist bewusst gewählt: Wolfern im Bezirk Steyr-Land, wenige Kilometer von Steyr. In der 3.200 Einwohner zählenden Gemeinde ist Thomas Stelzer, amtierender Landeshauptmann und erstmals ÖVP-Spitzenkandidat, daheim. Er lebt dort mit seiner Frau Bettina Stelzer-Wögerer, einer erfolgreichen Unternehmerin im Bereich Gastroeinrichtungen sowie zwei Kindern.

Seine Familie gibt dem gebürtigen Linzer die Kraft für das Spitzenamt. 1,1 Millionen Wahlberechtigte dürfen ihr Kreuzerl machen. Nach vier Jahren Aufwärmphase als Landeshauptmann wird ihm und der ÖVP, die 2015 auf den Tiefststand von 36,4 Prozent runtergerasselt ist, ein Zeugnis ausgestellt.

Bangen muss er nicht um seinen Posten. Stelzer dient sich für sechs weitere "sichere" Jahre an. Die Corona-Pandemie wollte der 54-Jährige wie den Trumpf beim Bauernschnapsen nutzen und sich als umsichtiger Landeschef inszenieren, allerdings hat die anhaltende Verunsicherung durch die Corona-Entwicklung Schwächen aufgezeigt. Das Image des Kapitäns hat Kratzer bekommen.

Stelzer, der Zielstrebige, will das Land in Managermanier mit klaren Vorgaben regieren: Der ehemalige Schüler im Jesuitengymnasium Aloisanum in Linz hat beim Amtsantritt erklärt, dass er sich "selten von etwas abbringen lässt". Corona hat ihn dazu gezwungen, das Virus war so als weiter dominierendes Thema im Wahlkampf nicht eingeplant.

Sein mehr als 20 Jahre im Amt befindliche Vorgänger Josef Pühringer hat sich - auch erst über die Jahre - zum Landesvater entwickelt. Der ehemalige Religionslehrer konnte zwar bitzeln, wenn etwas nicht nach Plan lief, hatte aber auch seine menschlichen Seiten. So mahnte er einst von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Zuge der Pensionsreformen mehr Rücksicht und auf christlich-soziale Wurzeln der ÖVP ein.

Stelzer ist der bessere Redner, kann naturgemäß nach vier Jahren noch nicht dieses landesväterliche Gefühl bei den Oberösterreichern wecken. Er ist aber auch der berechnendere, kühl kalkulierende oberste Boss an der Landesspitze. Durchhalten lautet seine Devise. Ein Steher, was auch positive Seiten hat, bis hin zur Verbissenheit.

Wolferns Bürgermeister lobt: "Keine Herumdrückerei"

Der Bürgermeister von Wolfern, Karl Mayr (ÖVP), formuliert es im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" positiv: "Was er sagt, das setzt er um. Es gibt keine Herumdrückerei." Er ortet bei Stelzer nur Stärken, keine Schwäche. Er sei auch "volksnah", rede etwa beim Marktfest mit den Leuten.

Vor Corona hat Stelzer die Schuldenbremse ziehen lassen. Oberösterreich will er als Topwirtschaftsstandort stärken.

Stelzer hat sich erst ÖVP-intern zunächst im Duell der Kronprinzen über Jahre gegen Michael Strugl durchbeißen müssen, bis von Pühringer im September 2016 ein Machtwort gesprochen wurde. Aus dem von Stelzer angekündigten "Turbo-Duo" wurde nichts. Strugl räumte im Dezember 2018 den Landesratsposten und ist seit heuer Verbund-Chef.

Stelzer hat die Parteipolitik von der Pike auf gelernt. Wie für Pühringer war die Junge ÖVP Ausbildungsstation. Auch im Apparat wurde das einzige Kind einer bürgerlichen Linzer Familie, der an der Linzer Universität Jurist wurde, als Referent, Gemeinderat in Linz, ÖVP-Landesgeschäftsführer und Klubchef im Landtag mit allen Finessen vertraut. Eine treue Parteikarriere bis zum Gipfel.

Sebastian Kurz kannte er aus JVP-Zeiten. Stelzer zählt jedoch nur zum erweiterten Kreis der Kurz-Trabanten. Die Landes-ÖVP hat die türkise Umfärbung nicht mitvollzogen, mostschädelig-eigen stützen sich die Schwarzen weiter auf den Bauernbund und das Raiffeisen-Imperium.

Die bis 2015 dauernde zwölfjährige auch emotionale Bindung Pühringers zu den Grünen in Person von Rudolf Anschober gibt es bei dessen Nachfolger nicht. Stelzer hat mit FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner keine Probleme. Schwarz-Blau regiert seit dem Herbst 2015. Stelzer setzt auf konservative Werte, legt auf das Kreuz in der Schule Wert, überlegte ein Kopftuchverbot. Oberösterreichs Nummer eins sieht die Landes-ÖVP politisch in der Mitte, kann dank SPÖ-Schwäche Angestellte ansprechen. Er setzt aber den Blinker in Flüchtlings- und Sozialfragen zum Rechtsüberholen der Freiheitlichen an. Vor dieser Wahl mit Plänen für eine verschärfte Deutschpflicht als Bedingung für Sozialleistungen.

Kehrtwende bei den Corona-Tests

Der Landeschef, der gern stabiler Ruhepol sein möchte, gerät mitunter ins Wanken. So ließ er zunächst durchblicken, Corona-Tests könnten nicht auf Dauer gratis sein, um im August eine Kehrtwendung zu vollziehen. Der Sparkurs ist mit der Corona-Krise notgedrungen vorbei.

Die im Ländervergleich niedrige Impfquote in Oberösterreich wird dem Bund in die Schuhe geschoben. Wie ein Wahlausgang, bei dem die ÖVP nicht auf die angestrebten 40 Prozent kommt, schmeckt, wird sich bei Naschkatze Stelzer am Sonntag zeigen.