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Es waren Gänsehautmomente im Dortmunder Signal-Iduna-Park am Sonntag: Als sich während des Spiels der Borussia gegen Mainz (2:0) - mit Julian Baumgartlinger von Beginn an und dem Debüt von Karim Onisiwo ab der 62. Minute - auf den Rängen herumsprach, dass zwei Zuschauer zusammengebrochen waren, von denen schließlich einer verstarb, reagierten die Fans, indem sie ihre Anfeuerungen einstellten; statt ohrenbetäubender Choräle, für die das Stadion berühmt ist, regierte eine ebenso bedrückende wie beeindruckende Stille, die am Ende des Spiels durch ein gemeinsames Anstimmen der Hymne "You’ll never walk alone" abgelöst wurde. Einige gestandene Profis hatten Tränen in den Augen, Vertreter des Fußballs sowie internationale Medien lobten das Verhalten. Auch dass just an jenem Tag, an dem die rechtspopulistische AfD bei den deutschen Landtagswahlen große Erfolge verbuchte, die Fans beider Mannschaften zusammenstanden, um ihre Anteilnahme auszudrücken, wurde thematisiert und - eher sinnbefreit - in einen Zusammenhang mit den Ereignissen von Dortmund gesetzt. Das Stadion ausgerechnet als Hort der Menschlichkeit? Das ist dann doch ein bisschen sehr übertrieben. Die Fans haben an diesem Abend ein bemerkenswertes Zeichen der Menschlichkeit gesetzt - genauso wie viele Fans regelmäßig entgegengesetzte Zeichen setzen. Der Fußball kann vieles - verbinden, aber auch trennen. Eines aber kann er nicht: die Welt verändern. Das zu glauben, wäre - bei allem gebührenden Respekt für die Reaktion am Sonntag - gefährliche Verblendung.