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Eher eine Party als eine Demonstration. | Nur wenige Zwischenfälle. | Überall Proteste, außer in Kärnten. | Wien. Neidvoll blicken die Schüler durch ein Fenster des Parlaments auf ihre Kollegen. Denn während vor dem Hohen Haus 25.000 ihrer Altersgenossen gegen die Aufhebung der schulautonomen Tage demonstrieren, muss ihre Klasse an diesem Freitag eine Parlamentsführung über sich ergehen lassen.
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Was sich vor dem Parlament abspielt, ähnelt mehr einer großen Party als einer Demonstration. Zu lauter Rockmusik aus Lautsprechern wird getanzt und gesungen. Bier und Wein wird herumgereicht - um 10 Uhr vormittags.
Schon ab 9 Uhr protestieren Tausende Schüler vor dem Stephansdom. Es herrscht eine Stimmung wie bei einem Fußballmatch - ganz anders als bei der Schülerdemo am vergangenen Montag. Keine langen politischen Reden, kaum Parolen. Waren damals nur ein paar hundert Schüler gekommen, so sind es jetzt Tausende.
Den meisten haben die Eltern die Erlaubnis für den Streik erteilt, manche wurden von den Direktoren freigestellt, wie ein junges Mädchen aus Wiener Neustadt. "Die erste bis fünfte Klasse musste in der Schule bleiben, ab der sechsten durfte man gehen", erklärt sie. Warum sie hier ist? "Weil es ums Prinzip geht. Wir wollen nicht dafür bestraft werden, dass die Lehrer mehr arbeiten sollen."
"Das bringt gar nichts"
Der Tenor unter den Schülern ist eindeutig: Man fühlt sich übergangen. "Es wurde über unsere Köpfe hinweg entschieden", erklärt einer aus einer Gruppe von 14- bis 16-Jährigen. "Dabei bringt es gar nichts, keine Einsparungen."
In einem Café am Stephansplatz ist ein Kellner eifrig damit beschäftigt, die Jugendlichen aus seinem leeren Gastgarten zu verscheuchen. Ihm wäre es ja wurscht, sagt er, "aber der Chef regt sich auf".
Ein ähnliches Bild vor dem Parlament. Hier sind es Polizisten, die die Schüler vom Eingangsbereich des Parlaments verscheuchen. Während vor dem Stephansdom SPÖ-nahe und linke Jugendliche demonstrieren, sind hier die Anhänger der ÖVP-nahen Schülerunion versammelt. "Wenn wir keine Ferien bekommen, dann nehmen wir sie uns einfach", ruft ein Mädchen in ein Mikrophon. "Also, was wollen wir?" "Ferien", ruft die jubelnde Menge zurück.
Ein älterer Herr sieht dem Treiben aus einiger Distanz zu. Sein Verständnis für die Jugend hält sich in Grenzen. Die Aktion von Unterrichtsministerin Claudia Schmied sei zwar nicht korrekt gewesen, aber Respekt müsse schon da sein. "Die Schüler dürfen nicht glauben, tun zu dürfen, was sie wollen. Sie müssen akzeptieren, was von oben bestimmt wird."
Von soviel Obrigkeitshörigkeit wollen die Demonstranten nichts wissen. Obwohl nicht jeder das Thema wirklich ernst zu nehmen scheint. So fordert einer auf seinem Transparent in serbischer Sprache eine gewisse Frau Schmitd (sic!) zu einer bestimmten sexuellen Handlung auf, ein anderer fordert "Freibier", ein dritter preist sich als "jung und willig" an.
Scheibe geht zu Bruch
Andere wiederum glauben zu wissen, worum es geht. So erklärt ein junger Bursche der "Wiener Zeitung", dass auch die Wirtschaft unter der Streichung der schulautonomen Tage leidet, "weil die verdient circa so 50.000 Euro von den schulautonomen Tagen".
Ein Teil der Demonstranten zieht weiter vor das Unterrichtsministerium, wo die Schüler den Amtssitz Claudia Schmieds mit Äpfeln bewerfen. Eine Scheibe geht zu Bruch. Außer ein paar Böllern, einigen Raufereien Halbwüchsiger und einem ziemlichen Verkehrschaos infolge der Ringsperre bleibt dies aber der einzige Zwischenfall, den die Polizei vermerkt.
12.000 in Linz
Ebenfalls problemlos verlaufen die Protestaktionen in den Ländern. In Oberösterreich gehen rund 20.000 Pennäler auf die Straße, 12.000 davon in Linz. Nur in Kärnten gibt es keinen Schülerstreik. Man setze auf Verhandlungen mit der Ministerin, so die dortigen Schülervertreter.
Diese erklärt, man nehme den Unmut der Schüler zwar ernst, es werde aber keine Änderung an der Einigung geben. Die sieht vor, dass zwei schulautonome Tage (jeweils der Freitag nach Christi Himmelfahr und Fronleichnam) als "freiwilliger Fördertag" durchgeführt werden, bei denen die Anwesenheit der Schüler freiwillig, jene der Lehrer aber verpflichtend ist. Die drei übrigen schulautonomen Tage entfallen.