ÖVP fordert die Wiedereinführung der Studiengebühren. | SPÖ: "In der Krise keine neue Belastung der Studierenden." | Wien. Ein Jahr ist es her, als im Nationalrat in einer Monstersitzung zahlreiche weitreichende Beschlüsse gefasst wurden. So wurde damals neben einer großzügigen Pensionsanpassung für 2009 auch die Verlängerung der Hacklerregelung, die 13. Familienbeihilfe, das Pflegepaket mit einer deutlichen Anhebung des Pflegeldes, die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente und die Abschaffung der Studiengebühren beschlossen. Drei Tage vor den Wahlen verteilten die Parteien jede Menge Wahlzuckerln - und zwar gemeinsam, denn bis auf die Abschaffung der Unigebühren trug die ÖVP sämtliche Beschlüsse mit.
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Vieles, was damals beschlossen wurde, stand noch im Zeichen der - bereits abklingenden - Inflation. Die gerade in Fahrt kommende große Wirtschaftskrise wurde hingegen fast völlig ignoriert. Über die Folgen war man sich damals entweder nicht bewusst, oder sie wurden schlicht negiert. Mittlerweile stehen die Nachwirkungen dessen, was am 25. September 2008 um fünf Uhr Früh nach einem 20-Stunden-Plenar-Marathon auf dem Tisch lag, fest: Laut Finanzministerium kosten die damaligen Beschlüsse rund drei Milliarden Euro pro Jahr.
So entgehen dem Staat durch die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente rund 350 Millionen Euro pro Jahr. Den Unis fehlen durch Wegfall der Studiengebühren jährlich rund 150 Millionen.
OECD für Comeback der Studiengebühren
Letztere sorgen pünktlich zum Jahrestag ihrer Aufhebung für erneute Reibereien zwischen der ÖVP, die damals die von ihr 2001 eingeführten Studiengebühren vehement verteidigte, und der SPÖ, die diese gemeinsam mit Grünen, FPÖ und BZÖ zu Fall brachte. So wies SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl am Donnerstag die Forderung von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) nach Wiedereinfügung der Studienbeiträge brüsk zurück. Die Einführung der Studiengebühren sei eine "eklatante Fehlentscheidung" gewesen. Österreichs Akademikerquote sei außerdem ohnehin zu niedrig und gerade in der Wirtschaftskrise "wird es sicher keine zusätzliche finanzielle Belastung von Studierenden geben", so Kuntzl.
Deren ÖVP-Pendant Beatrix Karl verwies ihrerseits auf die OECD, die Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen empfiehlt. Andernfalls hätten die Universitäten Probleme, die Qualität der Lehre aufrecht zu halten, hatte Bernard Hugonnier, Vizedirektor für Bildung in der OECD, erst am Dienstag erklärt. Die SPÖ könne nicht die Empfehlungen der OECD im Bildungsbereich begrüßen, sie aber in Sachen Hochschulen "rundum verschweigen", so Karl. Die ÖVP habe sich bei der gemeinsamen Schule bewegt, jetzt müsse sich die SPÖ bei den Unis bewegen.
Auch der Österreichische Cartellverband (ÖCV) spricht sich in einem Brief, der am Donnerstag an Bundeskanzler Werner Faymann übergeben wurde, für die Wiedereinführung der Studiengebühren aus - die er bei seiner Einführung übrigens vehement abgelehnt hat. Ausbildung dürfe die Studierenden durchaus etwas kosten, heißt es jetzt.
Cartellverband gegen Pensionserhöhungen
Doch der mit 13.000 Mitgliedern größte Akademikerverband Österreichs geht noch weiter. So wird ein "Umdenken in Politik und Stil" eingemahnt, wie ÖCV-Präsident Christoph Gruber der "Wiener Zeitung" erklärte. Es dürfe nicht nur um kurzfristige Überlegungen mit Blick auf die nächsten Wahlen gehen. Statt dessen brauche es eine "nachhaltige Änderung der Politik mit Blick auf die Zukunft", so Gruber.
In diesem Sinne fordert der Cartellverband ein "Ende der übertriebenen Großzügigkeit bei Pensionsgeschenken", also keine Pensionserhöhung um 1,9 Prozent, wie Pensionistenvertreter fordern. Ob dies auch mit seinem Cartellbruder Andreas Khol, seines Zeichens Chef der ÖVP-Pensionisten, abgesprochen sei? "Nein, noch nicht", sagt Gruber.