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Ein Streit ohne Gewinner - aber mit einem Verlierer: dem Patienten

Von Brigitte Pechar

Analysen

Ab 1. Juni droht den rund 700.000 Versicherten der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA) ein vertragsloser Zustand. Ab dann müssen die Patienten beim Arzt zahlen und können die Rechnung bei der SVA einreichen. Aber für viele Versicherte wird das mit einem bösen Erwachen enden, denn obwohl sie 50 Euro für einen Ordinationsbesuch bezahlt haben, erhalten sie nur acht Euro Kostenersatz zurück. Warum? Weil die SVA nur bis zu 80 Prozent jener Leistungen refundiert, die die Ärzte für ihre Ordination pro Patient erhalten, und das sind 10 Euro.


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Bis 31. Mai haben die SVA und die Ärztekammer noch Zeit, einen vernünftigen Abschluss für beide Seiten zu finden. Die ersten Schritte dazu sind eingeleitet: Sowohl SVA-Obmann und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl als auch Ärztekammerpräsident Walter Dorner sind zu einem Treffen auf höchster Ebene bereit. In der Ärztekammer wartet man aber noch auf eine offizielle Bestätigung aus der WKO.

Wie fast bei allen Auseinandersetzungen geht es auch hier um das liebe Geld. Die SVA argumentiert, dass sie etwa 50 Prozent höhere Leistungsabgeltungen zahle als die Gebietskrankenkassen (GKK). Dass aber 60 Prozent ihrer Versicherten unter 1000 Euro verdienen und daher auch nur geringe Beiträge leisten. Die SVA will daher ihre Tarife an jene der GKK anpassen und in den kommenden fünf Jahren die Leistungen an die Ärzte nur um je 0,3 Prozent erhöhen, die Ärzte verlangen eine Inflationsabgeltung.

Der vertragslose Zustand wird natürlich von der Ärzteschaft als Druckmittel verwendet. Denn die SVA, so rechnet die Ärzteschaft, hat durch den Wegfall der elektronischen Abrechnung zusätzliche Administrationskosten für die Einzelabrechnung mit den Versicherten von rund 7 Millionen Euro. Die SVA bestreitet dies und geht von geringeren Ausgaben aus.

Auf der anderen Seite könnten sich die Ärzte damit aber auch ins eigene Fleisch schneiden, denn die Erfahrung zeigt, dass die Patientenfrequenzen in den Ordinationen massiv zurückgehen wird. In den vier Tagen des Ärztestreiks im Jahr 2008 verzeichnete die Sozialversicherung einen massiven Patientenrückgang, was sich auf das Budget der Kassen positiv ausgewirkt hat. Ein vertragsloser Zustand wird weder den Ärzten noch der SVA nutzen. Aber es gibt jedenfalls einen Verlierer: Den Versicherten und Patienten.