Die absehbare Pleitewelle wird den Kreditinstituten einiges abverlangen, die sehen sich jedoch "gut gerüstet".
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Österreichs Banken müssen sich auf eine große Welle von Firmen- und Privatinsolvenzen gefasst machen. Das umso mehr, als es nun wegen der Corona-Pandemie zu erneuten Einschränkungen im heimischen Wirtschaftsleben kommt. Massive Kreditausfälle drohen, und schon jetzt setzen deutlich höhere Risikovorsorgen den Geldinstituten schwer zu, indem sie ihnen die Bilanzen verhageln. "Ein Honiglecken wird das nicht werden", heißt es aus der hiesigen Finanzbranche.
Zumindest bei den Firmen dürfte die absehbare Pleitewelle allerdings erst gegen Ende 2021 rollen, schätzt Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform. Der Hintergrund für diese Annahme: Mehrere staatliche Hilfsmaßnahmen reichen noch bis in die erste Hälfte des kommenden Jahres hinein und würden damit bei vielen Unternehmen das Schlimmste, eine Insolvenz, hinauszögern.
Konkret hält Weinhofer bei den Firmenpleiten im nächsten Jahr - vor allem auch mit Blick auf die besonders hart getroffene Tourismuswirtschaft - eine Verdoppelung auf circa 6000 Insolvenzverfahren gegenüber dem Normaljahr 2019 für "durchaus möglich". Bei den Insolvenzen von Privatpersonen rechnet er für 2021 unter Hinweis auf die steigenden Arbeitslosenzahlen mit 10.000 bis 11.000 Verfahren. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr waren es rund 9.000 gewesen.
In Österreich gibt es derzeit rund 570 Banken
"Auch wir erwarten einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen", sagt Peter Breyer von der Nationalbank (OeNB), ein führender Experte in der Bankenaufsicht. "Aber nach wie vor halten wir den Schock für den österreichischen Finanzmarkt für verkraftbar." Die heimischen Banken seien "mit guten Bilanzen in diese Krise gegangen", so Breyer. "Ihr Eigenkapital hat sich seit der Finanzkrise (2008/09, Anm.) verdoppelt, und auch bei der Liquidität sind sie gut aufgestellt."
Indes rechnet Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer, "nicht damit, dass eine Bank stolpern wird". Auch er sieht die Branche "gut kapitalisiert", in Summe sind hierzulande rund 570 Banken mit insgesamt etwa 73.000 Mitarbeitern am Markt. Zudem verweist Rudorfer im Zusammenhang mit faulen Krediten auf eine Quote, die aktuell mit weniger als drei Prozent des gesamten Kreditbestands in Österreich auf einem "historischen Tief" liege. All das sei "der Stoff, aus dem die Bewältigung einer Krise gemacht wird", so der Branchenvertreter. "Ich bin zuversichtlich, dass wir gut gerüstet sind."
Zuletzt ging die OeNB für den gesamten Bankensektor im Land bei steigenden Insolvenzzahlen und Kreditausfällen von einem Abschmelzen der harten Kernkapitalquote von 15,5 Prozent (Ende 2019) auf 13,1 Prozent bis Ende 2021 aus. Dieser Rückgang um 2,4 Prozentpunkte würde aber nur dann passieren, wenn nichts getan wird, um die wirtschaftlichen Folgen der Viruskrise abzufedern, hieß es.
"Enges Kreditmonitoring" und neue Sparanstrengungen
Eine aktualisierte Prognose zur Entwicklung der durchschnittlichen Kapitalquote im österreichischen Bankensektor - eine, die die nunmehr wieder verschärften Corona-Maßnahmen berücksichtigt - könnte die Nationalbank am 25. November bei der Präsentation des neuen Finanzmarktstabilitätsberichts vorlegen. Damit die Institute in ihrem Krisenmanagement weiterhin aktiv bleiben, wird sie ihnen dabei in ihrer Eigenschaft als Bankenaufsicht wohl erneut empfehlen, ein "enges Kreditmonitoring" zu betreiben. Womit gemeint ist, frühzeitig zu schauen, wo es Probleme gibt, um gemeinsam mit dem Kreditkunden Lösungen zu finden.
Bekräftigen wird die OeNB aber auch den coronabedingten Ukas, dass Banken auf Dividenden- und Boni-Zahlungen sowie Aktienrückkäufe weiter zu verzichten hätten, damit die Eigenkapitalbasis nicht geschwächt wird. Auch neue Sparanstrengungen zur Steigerung der operativen Effizienz wird die Notenbank wohl nochmals nahelegen. Derzeit hat sie ihre Aufsichtsaktivitäten intensiviert: "Wir sind in engem Kontakt mit den Banken."