Bisher bekamen nur Zivis bei Rettungsdiensten eine echte Ausbildung.
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Wien. 90 Prozent aller Beteiligten sind mit dem Zivildienst zufrieden - trotzdem wollen ihn Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) noch attraktiver gestalten. Wer den Zivildienst absolviert hat, soll künftig nicht nur Lebenserfahrung mitnehmen, sondern auch ein gutes Stück Ausbildung. Die entsprechenden Maßnahmen präsentierten die Ministerin und der Minister am Donnerstag in Wien.
Vor allem die Bildungsaspekte sollen beim Zivildienst ausgebaut werden. Bisher war es eigentlich nur bei den Rettungsdiensten möglich, sich im Rahmen des Zivildienstes zu Rettungssanitätern ausbilden zu lassen. Künftig sollen auch Zivildiener etwa im Behinderten- und Gesundheitsbereich einen Teil einer entsprechenden Ausbildung absolvieren können - wenn sie wollen.
Je 2,5 Millionen von Sozial- und Innenministerium
Sozial- und Innenministerium übernehmen die Kosten einer solchen Ausbildung zu 70 Prozent, zahlen aber maximal 1700 Euro. Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Ausbildung "landes- oder bundesgesetzlich anerkannt" ist, wie Hundstorfer erläuterte. Beispielsweise soll sich ein Zivildiener im SOS-Kinderdorf zum Kindergartenassistenten ausbilden lassen können.
Letztlich hoffen Mikl-Leitner und Hundstorfer mit diese Maßnahme darauf, "dass mehr im Gesundheits- und Behindertenbereich arbeiten werden", wie die Ministerin erklärte. Der Zivildienst soll die oft modulare Ausbildung in diesen Bereichen verkürzen.
Die Ausbildungsförderung lassen sich die beiden Ministerien zusammen fünf Millionen Euro pro Jahr kosten. Während das Innenministerium seine Hälfte aus Rücklagen nimmt, kommen die 2,5 Millionen des Sozialministeriums aus dem Arbeitsmarktbudget. Damit ist das Sozialministerium erstmals auch finanziell in den Zivildienst eingebunden. Wie viel zusätzliches Personal man sich aus diesen Maßnahmen erhofft, wollte Mikl-Leitner nicht beziffern: "Wir sind keine Propheten. Aber je mehr desto besser."
Die Bildungsschiene ist nur ein Aspekt der geplanten Attraktivierung des Zivildienstes. So sollen die Zivildiener künftig stärker entsprechend ihren Fähigkeiten eingesetzt werden. Die Zuweisungsfrist, bisher 14 Tage vor Dienstantritt, soll auf drei Tage verkürzt werden. Bei finanziellen Problemen der Trägerorganisationen wird der Staat künftig neben der Grundvergütung auch für die sonstigen Kosten (etwa für die Verpflegung) aufkommen.
Freiwilliges Sozialjahrwird aufgewertet
Umfangreiche Neuerungen haben Mikl-Leitner und Hundstorfer auch für das Freiwillige Sozialjahr (FSJ) vorgesehen. So soll das FSJ vollständig für den Zivildienst anrechenbar sein. Wer also zwölf Monate FSJ gemacht hat, erspart sich weitere neun Monate Zivildienst. Allerdings werden SPÖ und ÖVP dafür die Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei brauchen, da es sich um eine Zweidrittelmaterie handelt.
Das FSJ wird zudem auch für Rettungsdienste geöffnet. Das hat zur Folge, dass auch Frauen der Zugang zu den Blaulichtorganisationen erleichtert wird, wie Mikl-Leitner sagt. Für eine Öffnung des Zivildienstes für Frauen, wie ihn sich die Ministerin wünscht, gebe es aber keinen Konsens.
Kein Thema bei der Reform ist übrigens eine Verkürzung des Zivildienstes. Eine solche wäre laut Mikl-Leitner "unfair gegenüber den Präsenzdienern", schließlich dürften Zivildiener zuhause wohnen, müssten keine Nachtübungen mitmachen und hätten zweieinhalb Wochen Urlaub.
Geht es nach Mikl-Leitner und Hundstorfer, soll das Paket am 1. Oktober in Kraft treten.
Zivildienstträgerbegrüßen die Reformen
Die Zivildienst-Trägerorganisationen reagierten durchwegs positiv auf die angekündigten Reformen. Judit Marte-Huainigg, Vorsitzende des "Freiwilligen Sozialen Jahres" nennt die Öffnung der Rettungsdienste für Frauen einen "Durchbruch". Allerdings sieht sie noch Diskussionsbedarf bezüglich der finanziellen Ausstattung: "In Deutschland wird das FSJ mit rund 200 Euro pro Person und Monat gefördert, in Österreich sind es gerade einmal 28 Euro".
In die selbe Kerbe schlug auch Caritas-Präsident Franz Küberl. Er lobte die Öffnung des FSJ, "weil wir damit den Frauen neue Möglichkeiten eröffnen", allerdings müsse es auch hier "einen Ausbildungsbeitrag der öffentlichen Hand geben".
Auch für Reinhard Hundsmüller, Bundesgeschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB), ist "noch zu klären, wer beim Freiwilligen Sozialjahr die ‚Ausbildungskosten übernimmt". Dass die Dauer des Zivildienstes nicht verkürzt wird, begrüßt der ASB ausdrücklich. "Wir können nicht eine hochwertige Ausbildung mit Berufspraktikum anbieten und die Zivildienstleistenden gleich danach wieder entlassen. Die Aufwertung der Qualifikationsmöglichkeit im Zivildienst ist sicher der bessere Weg als eine Verkürzung", so Hundsmüller.