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Ein süßer Duft entzweit die US-Hauptstadt

Von WZ-Korrespondent John Dyer

Politik

Ab sofort dürfen Einwohner von Washington, D.C. Cannabis konsumieren - Kongressabgeordneter droht der Bürgermeisterin mit Gefängnis.


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Boston. Punkt null Uhr Ortszeit am Donnerstag konnten die Marihuana-Raucher in der amerikanischen Hauptstadt durchatmen und kräftig an ihrem Joint ziehen. Denn ab jetzt bleiben sie straffrei, wenn sie das Rauschgift rauchen, oder auch, wenn sie Hanfpflanzen ziehen, um an Marijuana, Cannabis, Weed, Gras oder Pot zu kommen. Alles im Rahmen des Eigenverbrauchs, versteht sich.

Zwei Unzen oder 56 Gramm darf jeder Bürger von Washington ab dem 21. Lebensjahr besitzen. Und er darf bis zu sechs Hanfpflanzen in seiner Wohnung beherbergen. Nur in der Öffentlichkeit darf nicht geraucht werden. Kauf, Verkauf und Handel bleiben verboten. Die 56 Gramm Eigenbedarf sind übrigens doppelt so viel wie in jenen Bundesstaaten, die Marihuana schon freigegeben haben. Das sind derzeit Alaska, Colorado und Washington. Fünf weitere Staaten überlegen noch und 23 haben Marihuana zum medizinischen Gebrauch straffrei gestellt.

Washington, D.C., wie die Hauptstadt korrekt heißt - D.C. für District of Columbia -, ist kein Bundesstaat, sondern nur ein Bundesdistrikt. Zuständig für alle Regelungen in "DC" ist der US-Kongress. Und deshalb gibt es einen heftigen politischen Streit darüber, ob die Volksabstimmung vom November, in der sich die Bürger von DC zu fast 70 Prozent für die Legalisierung von Marihuana ausgesprochen haben, überhaupt legal war. Bürgermeisterin Muriel Bowser hatte sie angesetzt. Sie ist Mitglied der Demokratischen Partei. Was für manche republikanischen Abgeordneten ein Anlass mehr ist, gegen die Marihuana-Freigabe zu Felde zu ziehen. Ein weiterer Grund ist aber, dass die Freigabe des Rauschgiftes in DC eine Fernwirkung in den Bundesstaaten haben könnte, die bisher zögern, es Colorado gleichzutun, wo eine kleine Marihuana-Industrie mit Anbau, Verkauf und Steuern entstanden ist.

"Die Hauptstadt der Nation hat einen außerordentlichen Einfluss", hofft Keith Stroup, Anwalt der Nationalorganisation für die Reform der Marihuana-Gesetze. Die kämpft seit Jahren für die Abschaffung der Strafen. "Wenn Washington DC Marihuana legalisieren kann und der Himmel nicht einstürzt, dann werden die Dinge in anderen Staaten sehr viel leichter."

Republikanische Granden wollen nicht Nein sagen

Der Abgeordnete Jason Chaffetz, Republikaner aus Utah, ist Vorsitzender des Oversight Committee, der Aufsichtskommission des Abgeordnetenhauses. Die hat das Aufsichtsrecht über den Bundesdistrikt. Der "Washington Post" sagte Chaffetz: "Das Bundesgesetz, unterzeichnet vom Präsidenten, besagt, dass DC keinen Alleingang machen kann." Wenn man im Rathaus von Washington "glaubt, dass das legal wäre, dann liegt man falsch. Es gibt sehr strenge Strafen für Vergehen dagegen. Dafür kann man ins Gefängnis gehen. Wir spielen hier keine Spielchen."

Die demokratische Bürgermeisterin Bowser antwortete dem Republikaner herausfordernd: "Wir handeln nach Gesetz. Ich habe eine Menge Arbeit. Im Gefängnis zu sitzen wäre da gar nicht gut."

Chaffetz bezog sich auf den Bundeshaushalt, der in den USA mehr ist als nur eine Auflistung von Zahlen, weil er viele Begleitgesetze enthält. Dort steht nach seiner Ansicht klar, dass Washington DC kein Geld zur Marihuana-Regulierung ausgeben darf. Präsident Barack Obamas neuer Haushaltsentwurf dagegen, der jetzt diskutiert wird, würde Marihuana-Verkäufe in DC legalisieren. John Boehner, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, will die Angelegenheit Chaffetz und anderen überlassen.

"Eine Reihe von Republikanern im Kongress wollen die Marihuana-Initiative stoppen", sagt Michael Collins von der Drug Policy Alliance, die für Liberalisierung eintritt. "Aber die Führer der Partei wollen nicht, dass die Republikaner als Anti-Marihuana-Partei dastehen."