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Analyse: Im landespolitischen Alltag driftet die Partei des Milliardärs deutlich zur ÖVP.
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Wien. Kaum hat das Team Stronach seine Bundesliste mit der früheren ORF-Intendantin Monika Lindner an dritter Stelle eingereicht, ist sie anscheinend schon wieder hinfällig. Denn Lindner zieht sich angeblich vom Team Stronach wieder zurück. Aus Ärger über Klubobmann Robert Lugar, wie es heißt. Dieser hatte erklärt, seine Partei wolle im Wahlkampf vom Wissen Lindners als Insiderin in den "Systemen" ORF, Raiffeisen und jenem des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll profitieren. Dafür wollte sie sich aber nicht hergeben. Stronach habe versucht, sie umzustimmen, "aber die Würfel sind gefallen", sagte Lindner laut "Österreich".
Dennoch dürfte Frank Stronach den Einzug in den Nationalrat schaffen. Das zeigen alle Prognosen. Und was kommt danach? Ein Blick nach Niederösterreich und Salzburg könnte Aufschluss geben. Seit rund 100 Tagen entscheidet das Team Stronach dort als Teil der Proporzregierung (Niederösterreich) oder Koalitionsregierung (Salzburg) mit. Erstes Fazit nach den magischen 100 Tagen in den Mühen der Landesebene: Das Team Stronach ist da und dort eine "One-Man-Show".
Das sollte nicht überraschen bei einem Parteigründer, der sagt: "Wer das Gold hat, macht die Regeln." Tut es aber, denn dieser "One-Man" ist weder in Niederösterreich noch in Salzburg der Mann, der dem Team seinen Namen gab: Frank Stronach. In Salzburg ist es der ehemalige ÖVP-Bürgermeister von Goldegg, Hans Mayr. Er ist Team-Stronach-Chef und Landesrat unter ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Wie autonom er mittlerweile vom Parteigründer ist, zeigte sich bei Stronachs Generalangriff auf die Gewerkschaft. Mayr, damals gerade in heiklen Koalitionsverhandlungen mit den Grünen und Schwarzen, ließ nach Wien ausrichten: "Die Gewerkschaft ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft an dem nicht zu rütteln ist." Klubchef Lugar soll getobt haben.
In Niederösterreich ist der "One Man" eine Frau: Elisabeth Kaufmann-Bruckberger. Landes-Teamchef ist zwar Ernest Gabmann, nach endlosen internen Rochaden aber erst seit Mitte Juni. An der politischen Front steht Kaufmann-Bruckberger als Landesrätin für Bauwesen, Veranstaltungen und das Asylwesen.
Sie stellte sich schon zweimal gegen Stronach - einmal direkt, einmal indirekt. Direkt, weil sie auf eine Regierungsbeteiligung des Teams im Bund drängt. Auch nach einer Klarstellung von Stronach selbst, dass seine Partei nicht Teil der nächsten Regierung sein werde, hält Kaufmann-Bruckberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" daran fest. "Etwas verändern kann man nur in der Regierung." Dass ihr die Arbeit in der Landesregierung wichtiger ist als die vermeintliche Parteilinie, zeigte sich beim Beschluss des niederösterreichischen Budgets.
Damals war noch der frühere Rechnungshof-Beamte und Stronach-Intimus Walter Laki Klubobmann. Er stimmte als Einziger im Team Stronach nicht für den ÖVP-Haushalt, weil die Spekulationsgeschäfte nach wie vor eine "Black-Box" seien. Wegen dieser Geschäfte mit Wohnbaudarlehen hatte Stronach Pröll im Wahlkampf massiv kritisiert. Man darf annehmen, dass Lakis Linie Stronachs Linie war. Kaufmann-Bruckberger brachte aber die übrigen vier Abgeordneten auf ihre Linie und stimmte zu. "Wir müssen nicht nachfragen, wir sind autonom. Stronach bringt sich in Niederösterreich nicht ein." Dem Budget stimmte sie wegen des geplanten Schuldenabbaus zu.
Zweites Fazit nach 100 Tagen: die Nähe zur ÖVP. Beim Ex-Schwarzen Mayr, der sich als Verkehrslandesrat in Salzburg eng an schwarz-grünen Ideen orientiert, verwundert das nicht; bei der Ex-FPÖ-Abgeordneten Kaufmann-Bruckberger schon eher. In der Politik für kleine Betriebe sei man "ÖVP-ähnlich", das Asylthema versucht sie ruhig zu halten, "um der FPÖ keine Angriffspunkte im Wahlkampf zu liefern".
"Mini-ÖVP", ätzt die FPÖ bereits. "Pröll hat der neuen Landesrätin politisch den Hof gemacht", sagt Grünen-Chefin Madeleine Petrovic. Die ÖVP dankt es den Stronachs nicht. "Innerhalb weniger Monate zur größten Enttäuschung zu werden, hat noch nie ein Politiker geschafft. Ein neuerlicher Bauchfleck für Stronach", meint ÖVP-Landesgeschäftsführer Gerhard Karner mit Bezug auf eine Landesumfrage. Das Team sieht er als "Haufen". Stronach, der Pröll vor der Wahl "Schmähtandler" schimpfte, hätte deftig repliziert, so Karner. Kaufmann-Bruckberger sieht trotzdem eine "sehr gute Zusammenarbeit".