Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt plädiert für ein Tempolimit auch unabhängig von der Energiekrise.
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"Die Gaskrise und das Tempolimit hängen auf den ersten Blick nicht zusammen", sagt Günther Lichtblau, Klimaexperte im Umweltbundesamt, zur "Wiener Zeitung". Auf den zweiten Blick aber sehr wohl. So komme Erdgas in der Raffinerie bei der Herstellung von Treibstoffen, wie Diesel oder Benzin, zum Einsatz. Das durch ein Tempolimit eingesparte Erdöl könne auch eventuell dazu verwendet werden, um Erdgas zu substituieren. "Es gibt also einen Konnex zur Energiefrage in Summe", meint Lichtblau.
"Nein" zu Tempolimit aus der Politik
Am Montag hat sich der Direktor der Internationalen Energieagentur, Fatih Birol, im "Ö1-Morgenjournal" für ein europaweites Tempolimit ausgesprochen. In Österreich war die Debatte um niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzungen mit einem Vorstoß des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser (SPÖ) in der "ZiB 2" wieder in Schwung gekommen. Zuvor war von den Grünen Tirol der Vorschlag gekommen, das Tempo auf 100 km/h auf der Autobahn, 80 km/h auf Land- und Bundesstraßen und 30 km/h im Ortsgebiet zu reduzieren.
Diesem Vorschlag haben ÖVP und die Bundesländer aber eine Absage erteilt. Auch die Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) meinte am Montag, dass sich für eine Temporeduktion derzeit keine Mehrheit finden ließe. Außerdem gebe es keinen Versorgungsnotstand bei der Erdölversorgung. Dieser ist neben der Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament Voraussetzung für die Einschränkung des Verkehrs nach dem Energielenkungsgesetz. "Langsam fahren ist immer g’scheit", sagte Gewessler. Diesen Beitrag könne man aber auch ohne gesetzliche Vorschrift leisten.
Energiesparen geht Hand in Hand mit Klimaschutz
Laut Daten des Umweltbundesamts könne mit Tempo 100 statt 130 auf der Autobahn rund 23 Prozent an Sprit eingespart werden. "Das heißt auch 23 Prozent weniger zahlen an der Zapfsäule", sagt Klimaexperte Lichtblau. Ihm kommt der Kostenaspekt in der Diskussion zu kurz. In der Energiesparfrage gehe es auch immer um die verfügbaren Haushaltseinkommen. "Ein Tempolimit hilft immer!" Lichtblau sieht in der Geschwindigkeitsreduktion auch unabhängig von der aktuellen Krise einen wichtigen Schritt: "Es gibt wenig Maßnahmen, die so hohes Einsparpotenzial haben und so schnell Wirkung zeigen." Das ließe sich auch auf unterschiedliche Antriebsformen umlegen, da der Hauptfaktor der Luftwiderstand sei. So würde auch ein Elektroauto oder ein Fahrzeug mit Erdgasantrieb rund ein Viertel weniger Energie benötigen.
Laut ÖAMTC würden Tempolimits nur ein bis drei Prozent des heimischen Spritverbrauchs einsparen. Das ist für Lichtblau kein Argument, um die Maßnahme nicht umzusetzen. Damit könne Energie für die Wirtschaft frei gemacht und Österreich weniger abhängig werden. Auch mit Blick auf den Ausbau erneuerbarer Energien sei ein Tempolimit zu begrüßen: "Energie- und Klimakrise lassen sich nicht trennen."