Die westlichen Ölkonzerne liefern sich einen Wettlauf um die beste Startposition im Iran. Werden die Sanktionen aufgehoben, warten Milliardengeschäfte.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Teheran. Als im Februar 2014 eine Delegation mit knapp 100 französischen Spitzenmanagern in den Iran reiste, war der Groll jenseits des Atlantiks deutlich zu vernehmen. Dass Frankreich das nach wie vor bestehende Sanktionsregime ziemlich freimütig umging, um die Marktchancen nach einem Ende des Atomstreits auszuloten, ließ sogar US-Außenminister John Kerry zum Telefon greifen, um sich bei seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius zu beschweren.
Doch seit der fast schon euphorisch gefeierten Einigung auf ein politisches Rahmenabkommen im April 2015 ist die ehemalige Strenge ganz offensichtlich einem neuen Pragmatismus gewichen. Auch den USA dürfte mittlerweile klar geworden sein, dass der Wettlauf um die beste Startposition nach der Aufhebung der Sanktionen längst im Gange ist und sich nur noch mit großem Einsatz stoppen lässt. Dementsprechend offen agieren mittlerweile auch ausländischen Unternehmen, die im Iran den riesigen, brachliegenden Markt sondieren.
So haben etwa die europäische Erdölriesen Shell und Eni nun zum ersten Mal eingeräumt, dass sich hochrangige Konzernvertreter in den vergangenen zwei Monaten mit iranischen Offiziellen in der Hauptstadt Teheran getroffen haben. Dabei ging es laut der "Financial Times" auch um Investitionsmöglichkeiten in der Zukunft. Dass sich vor allem im Energiesektor enorme Chancen für ausländische Unternehmen auftun, ist unbestritten. Derzeit produziert der Iran knapp 2,7 Millionen Barrel (159 Liter) Öl pro Tag, damit ist das Land noch immer der fünftgrößte Produzent der Opec. Laut dem Beratungsunternehmen Wood Mackenzie könnten bis 2017 aber noch 600.000 Barrel pro Tag hinzukommen, wenn die Sanktionen aufgehoben werden. Noch verheißungsvoller ist laut Wood Mackenzie aber die mittelfristige Zukunft. Bis 2025 könnte der Iran demnach 4,4 Millionen Barrel täglich fördern.
Technologie-Schub notwendig
Voraussetzung für einen Produktionsanstieg ist allerdings, dass kräftig investiert wird. Viele iranische Förderanlagen und Raffinerien sind marode und konnten wegen der Sanktionen nicht modernisiert werden. Zudem war der Iran über Jahre von westlicher Förder- und Explorationstechnologie abgeschnitten und hinkt auch in diesem Bereich stark hinterher.
Für die Firmen kommt es aber auch auf die Verträge an. Während weltweit die meisten Verträge in der Ölbranche als Konzessionen oder mit einer Aufteilung der Produktion abgeschlossen werden, setzte der Iran in der Vergangenheit auf "buy-back"-Verträge. Dabei wurden die Unternehmen entsprechend der Investitionen vergütet, die sie in den Anlagen tätigen. Die Produktion selbst wurde an das nationale Öl-Unternehmen NIOC abgeführt.
Brancheninsidern zufolge hat der Iran aber bereits neue Vertragsvarianten ins Spiel gebracht, in denen das Joint-Venture-Modell viel stärker zum Zug kommt. "Die Iraner sind wirklich bemüht, die großen Spieler zurückzubringen", sagt der Energie-Analyst Fereidun Fesharaki gegenüber der "Financial Times". Dabei dürften die europäische Ölfirmen wie Total, Eni oder Shell aber jedenfalls die deutlich besseren Karten haben als die amerikanische Konkurrenz. So mussten die US-Konzerne den Iran schon vor mehr als 20 Jahren verlassen, Total war hingegen noch 2008 im Iran aktiv. Auch die österreichische OMV hat ihr Büro im Iran nie aufgegeben. Ein 2007 geschlossenes Abkommen über die Exploration von Gasvorkommen, das wegen des politischen Drucks auf Eis gelegt wurde, zählt nun wieder zu den großen Zukunftsprojekten der OMV.