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ÖVP und FPÖ haben einen Kompromiss zu den Sozialpartnern gefunden. Es ist aber keine Reform, sondern ein Tritt ans Schienbein der Kammern, die künftig weniger Geld erhalten werden. Die Frage ist: warum? Arbeiter- und Wirtschaftskammer sind mit heterogener werdenden Bedürfnissen der von ihnen vertretenen Gruppen konfrontiert: der Anstieg atypischer Beschäftigungsformen auf der einen, der Trend zu EPUs auf der anderen Seite. Das ist ein Problem, für dessen Lösung es nicht hilfreich ist, wenn man weniger Mittel hat, will man die Klienten mit ihren diversifizierten Bedürfnissen weiterhin gut servicieren.
Doch um diese neuen Herausforderungen für die Sozialpartner ging es bedauerlicherweise eh nie. Die Debatte drehte sich fast nur um deren Rolle in der Politik. Die Neos, seit 2013 im Parlament, haben sich selbst zu "Kammerjägern" erkoren, die FPÖ stand der Institution der Sozialpartner schon immer kritisch gegenüber. Aber auch in den Reihen der ÖVP waren jüngst andere Töne zu hören, Finanzminister Hans Jörg Schelling erklärte die Sozialpartnerschaft sogar wörtlich für "tot". Diese Diskursverschiebung hat auch auf die öffentliche Meinung gewirkt.
Medial setzten sich negative Zuschreibungen durch, Kammern und ÖGB wurden dabei die Vorwürfe gemacht, sie seien eine Schattenregierung ohne demokratische Legitimation, und sie blockierten Reformen. In dieser vereinfachten Analyse der Kritiker mag auch so manch Wahres stecken, aber warum richtete sich die Beschwerde an die Sozialpartner? Warum nicht an Politiker, die ihnen diese Rolle zubilligten? Es ist ja die Aufgabe von Interessensgruppen, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Außerdem gibt es etliche Beispiele, bei denen es die Sozialpartner waren, die mit ausverhandelten Ideen versuchten, eine Blockade zwischen SPÖ und ÖVP zu lösen, etwa in der Bildungspolitik. Die Blockierer saßen in diesem Fall auf der Regierungsbank.
Das half den Kammern aber auch nicht - dann waren sie die Schattenregierung. Die Pflichtmitgliedschaft stand deshalb zur Disposition, was aber à la longue für die KV-Verhandlungen unabsehbare Folgen hätte haben können. So kommt’s nun doch nicht. Den Kammern nun die Mittelzufuhr zu kürzen, greift jedoch die Debatte der vergangenen Jahre überhaupt nicht auf. Es definiert die Rolle der Kammern nicht neu, sondern führt höchstens dazu, dass weniger beforscht und schlechter serviciert werden kann. Ist das eine Reform?